Benefiz-Empfang für Afrika-Projekt Alt-Bürgermeister Werner Osterbrink: "Sehen, urteilen, handeln"

Am 30. April feiert Alt-Bürgermeister Werner Osterbrink, Ehrenbürger der Partnerstadt Wittichenau, seinen 80. Geburtstag. Aus diesem Anlass findet im Hotel Seminaris ein Empfang statt. Dazu haben in Kooperation mit den Initiativen, für die Osterbrink immer noch tätig ist, die Bürgermeister von Bad Honnef und der Partnerstadt Wittichenau eingeladen. Doch nicht der Jubilar, sondern der Benefiz-Gedanke steht im Zentrum: Osterbrink erbittet von den zahlreichen geladenen Gästen Spenden für ein Sozial-Projekt in Nigeria. Mit Werner Osterbrink sprach darüber Claudia Sülzen.

 "80 zu werden bedeutet nicht, dass man zur Untätigkeit bestimmt ist" - Werner Osterbrink hat noch einiges vor.

"80 zu werden bedeutet nicht, dass man zur Untätigkeit bestimmt ist" - Werner Osterbrink hat noch einiges vor.

Foto: Frank Homann

Gibt man Ihren Namen ins digitale Archiv des General-Anzeigers ein, erhält man bei einem Klick mehr als 300 Einträge. Würden Sie sich als umtriebig bezeichnen?

Werner Osterbrink: Nein, den Begriff lehne ich ab. Der Begiff trifft es nicht. Weil er ein relativ, sagen wir, ungeordneter ist. Ich mache zwar eine Menge, habe mich aber immer auf bestimmte Dinge konzentriert. So hat man mich, und ich bitte das nicht falsch zu verstehen, nie in der Karnevalsszene gesehen, mit Ausnahme von repräsentativen Aufgaben, als ich Bürgermeister war. Karneval ist schön, keine Frage, aber mein Fokus liegt woanders.

Was bedeutet?

Osterbrink: Ich stamme aus dem kirchlich-christlichen Bereich. Ich bin bereits mit 20 Jahren in die Christliche Arbeiterjugend, die CAJ, hineingewachsen. Dort haben wir gelernt, dass Christsein nicht nur bedeutet, in die Kirche zu gehen, sondern dass man die Welt im christlichen Sinne gestalten soll. Nur rummeckern, aber nicht bereit sein, zu handeln, um die Dinge zu verbessern, das geht nicht. Der CAJ-Leitspruch lautet: Sehen, urteilen, handeln.

Also ist der 80. Geburtstag weniger ein Zeitpunkt für eine Rückschau?

Osterbrink: Sicher bilanziert man auch. Aber ich habe alle Beteiligten gebeten, möglichst wenig Rückschau zu halten. Der Zweck der Veranstaltung steht im Vordergrund. Es geht darum, möglichst viel Geld zusammen zu bekommen, für Mikrokredite für alleinstehende, alleinerziehende Frauen in Enugu in Nigeria. Ich bin froh, dass es mir gelungen ist, mit der Leiterin der Afrika-Abteilung bei Misereor Aachen, Dorothea Knüppel, als Referentin eine ausgewiesene Expertin zu gewinnen. Das Thema, Entwicklungspolitik, ist ja nicht ganz unstrittig, vor allem, wenn es um die staatliche Form geht. Uns geht es aber um Hilfe zur Selbsthilfe durch Nicht-Regierungsorganisationen.

Ein Gedanke, der Sie schon lange beschäftigt?

Osterbrink: Tatsächlich reicht mein Interesse in jene Zeit zurück, als ich im Katholisch Sozialen Institut anfing. Die erste Aktion aber erwuchs daraus, als der erste afrikanische Hausgeistliche des KSI, Father Callistus Onaga, in seine Heimat zurückkehrte und das Projekt Mikrokredite entwickelte. Die Arbeitsgemeinschaft für Gesellschaftspolitische Bildung (AGB) e.V., 1976 von mir mit gegründet, unterstützt Father Callistus. Er ist inzwischen Bischof seiner Diözese. Mehr als 100 Frauen konnten wir in bescheidene, aber nachhaltige Selbstständigkeiten helfen. Die Schere zwischen Arm und Reich in Nigeria ist riesengroß. Dazu kommt das Gefälle zwischen dem christlich geprägten Südosten und dem Nordosten, wo Boko Haram das Sagen hat. Es muss unbedingt verhindert werden, dass diese Bewegung übergreift.

Wie kann das geschehen?

Osterbrink: Man muss Strukturen stabilisieren. Die Arbeit zu den Menschen bringen. Wir können hier nur einen kleinen Beitrag leisten, er ist dennoch wichtig.

Um Strukturen ging es auch nach 1989?

Osterbrink: Das Jahr markiert einen Höhepunkt meines politischen Lebens, ganz sicher. Ich habe den 9. November in Nebelschütz in der Oberlausitz, nicht weit entfernt von Wittichenau, verbracht, zufällig. Meine Frau und ich hatten bereits seit den 70er Jahren zunächst briefliche, später dann und bis heute persönliche Kontakte zu einer Familie dort. Wenn Sie so wollen: Es begann mit einem Brief, es endete mit einer Partnerschaft.

Jener mit Wittichenau. Eine Erfolgsgeschichte?

Osterbrink: In den Jahren ist sehr viel gelaufen, auch in anderen Kommunen dort. Ich glaube dennoch, sagen zu können, dass selten so zielgerichtet zusammengearbeitet wurde. Nehmen Sie den Aufbau des kommunalen Energieversorgers "Schwarze Elster" in Wittichenau, ein Haupt-Verdienst des früheren Chefs der Bad Honnef AG, Erich Dieter Walkenhorst. Die Wittichenauer fragten damals: Ja, dürfen wir denn das? Wir haben gesagt: Tut es einfach. Ein halbes Jahr später standen die politischen Strukturen, auch im Land, und es hätte für ein solches kommunales Vorgehen sicher keine Genehmigung mehr gegeben. Die Wittichenauer haben Mut bewiesen, dafür Schulden gemacht. Und es hat sich ausgezahlt.

Veränderung erfordert Mut?

Osterbrink: Ja. Und es ist schön, wenn man gestalten kann, sieht, dass aus den Anstößen, die man gibt, etwas wird. Das gilt auch in Bad Honnef, der Wandel von der Kur- zur Seminar- und Tagungsstadt war nicht leicht. Manchmal kam mir auch der Zufall zur Hilfe, etwa, als es um den Verkauf der Kurkliniken ging. Natürlich schmerzt in dem Zusammenhang der Weggang des Katholisch-Sozialen Instituts, weil es zur Konzeption der Tagungsstadt gehörte. Ich hoffe, dass es für das Gebäude eine gute Nachnutzung geben wird.

Entwicklung ist ein wichtiges Stichwort für Sie?

Osterbrink: Wenn Sie so wollen, zieht sich Entwicklung, zieht sich Aufbau durch mein ganzes Leben. Dazu gehörte es, Initiativen zu gründen wie die AGB und das Christlich-Soziale Bildungswerk Sachsen e.V. (CSB). Ziel des CSB war es, in dieser sehr von Defiziten geprägten Zeit und in einer strukturschwachen Region Arbeitsplätze zu schaffen, über Bildungsarbeit. Daraus ist viel mehr geworden, auch grenzüberschreitend etwa nach Russland, Polen und Tschechien. Darüber hinaus kamen viele Projekte über Kontakte zu ehemaligen KSI-Lehrgangsteilnehmern zustande, die in der Entwicklungszusammenarbeit tätig waren. AGB und CSB unterstützen dankenswerterweise den Charity-Empfang, ebenso wie der Verein für Kunst und Kultur Bad Honnef. Wie gesagt: Es geht um den Zweck, nicht um die Person Osterbrink.

Die Person Osterbrink hat viele Ehrungen empfangen, darunter das Bundesverdienstkreuz.

Osterbrink: Natürlich habe ich mich sehr gefreut, aber nicht, dass ich es wie eine Monstranz vor mir hertrage. Oder nehmen Sie die Ehrenbürgerschaft in Wittichenau. Die haben Erich Dieter Walkenhorst und ich bekommen, weil wir Anregungen gegeben haben. Gemacht haben es die Wittichenauer selbst. Was mir wichtig ist: Über die Aktivitäten sind gute, anhaltende Freundschaften entstanden, etwa mit Wittichenaus ehemaligen Bürgermeister Udo Popella. Ich bin sehr froh, dass sein Nachfolger, Markus Posch, und sein Bad Honnefer Kollege Otto Neuhoff versprochen haben, die Partnerschaft wie bisher zu pflegen.

Was ist Heimat für Sie?

Osterbrink: Ich stamme aus dem Osnabrücker Land, meiner ursprünglichen Heimat, lebe aber seit 1958 in Bad Honnef. Meine Frau ist hier geboren, und ich wurde von Anfang an sehr gut aufgenommen. Bad Honnef ist seit langem meine geografische Heimat. Dass hier auch meine politische Heimat ist, ist klar. Meine parteipolitische Heimat ist und bleibt, auch wenn es mal Gegensätze gab, die CDU. Ich schmeiße nicht so schnell die Flinte ins Korn.

Und was kommt als nächstes?

Osterbrink: 80 zu werden bedeutet nicht, dass man zur Untätigkeit bestimmt ist. Trotzdem, wenn man, mit Gottes Hilfe, dieses Alter erreicht hat, sollte man Verantwortung abgeben, wie ich es bei AGB und CSB und auch im Partnerschaftskomitee Bad Honnef/Wittichenau schon getan habe. Nun geht es noch darum, dass auch der Verein zur Förderung von Kunst und Kultur personell neu aufgestellt wird. Ansonsten schreibe ich an einer Chronik - nicht zur Veröffentlichung, nur für mich, meine Kinder und meine Enkelkinder.

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