Fotograf Bertram Schiller stellt in Alanus Hochschule aus Was von der Katastrophe übrig blieb

Alfter · Verlassene Gebäude, entvölkerte Landstriche, Berge von verseuchtem Müll: Der in Japan lebende Fotograf Bertram Schiller besucht seit Dezember 2011 regelmäßig die Region um Fukushima, in der es am 11. März desselben Jahres zu einem Erdbeben, einem Tsunami und in der Folge zur Nuklearkatastrophe kam.

 Ein Arbeiter registriert mit kontaminiertem Material gefüllte Säcke auf einer vorläufigen Deponie.

Ein Arbeiter registriert mit kontaminiertem Material gefüllte Säcke auf einer vorläufigen Deponie.

Foto: Bertram Schiller

Eine Ausstellung seiner Bilder "Leben mit Fukushima" ist noch bis diesen Samstag im Foyer der Alanus Hochschule, Campus II, in Alfter zu sehen. Sie zeigt auch scheinbar belanglose Alltagsszenen. Ein alter Mann hängt im Garten Wäsche auf. Hinter ihm: Eine blaue Plane, unter der, wie der Bildtext verrät, kontaminiertes Material liegt. Denn die Flächen im Distrikt sind so rar, dass die Bewohner keine andere Möglichkeit haben, als den strahlenden Müll im Garten zu entsorgen. Schiller kritisiert mit seinen Fotos auch die Politik der japanischen Regierung. "150 000 Menschen aus der Präfektur Fukushima sind noch immer obdachlos", sagt er. Den Evakuierten werden falsche Versprechungen dahingehend gemacht, dass sie schon bald in hochverstrahlte Gegenden zurückkehren können, so der 39-Jährige. Bis heute sei kein Siedlungsprogramm für die betroffenen Familien entwickelt worden.

Der Künstler studierte von 2001 bis 2005 Bildende Kunst an der Alanus Hochschule und lernte dort seine japanische Frau kennen. 2006 zogen beide nach Osaka um. In seinen Fotos dokumentiert Schiller das Stadtleben oder Fahrten in der U-Bahn. Für seine Serie "Leben mit Fukushima" wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 2013 mit dem renommierten "International Photography Award" in der Kategorie "Umwelt".

"Wie politisch darf Kunst sein?", fragte die Alanus Hochschule anlässlich von Schillers Ausstellung in einer Podiumsdiskussion. Die Veranstaltung war die erste der Reihe "Kunstdialoge im Foyer", bei der in Zukunft regelmäßig Themen aus dem Spannungsfeld von Kunst und Gesellschaft diskutiert werden.

Engagierte Diskussion

David Eisermann, Vorsitzender des Literaturhauses Bonn, Kulturjournalist und Hörfunkmoderator, moderierte die Veranstaltung mit Christoph Dahlhausen, Bonner Künstler und Projektprofessor an einer Kunsthochschule in Melbourne, Harald Meyer, Bonner Professor für Japanologie, Diemut Schilling, Professorin an der Alanus Hochschule, und Marcelo da Veiga, Rektor und Professor der Hochschule. Einen Stuhl in der Runde belegten wechselnde Gäste aus dem Publikum, die sich engagiert an der Diskussion beteiligten. "Ich vermisse in den Bildern eine Position", äußerte der erste Gast. Und: "Kunst muss politisch sein, und das hier ist für mich ein unpolitisches Werk."

Widerspruch kam von der nächsten Besucherin des Stuhls, einer Fotografin: "Die Bilder zeigen auf eine sehr leise Art etwas, was wir sonst nicht sehen. Ich sehe sehr stark eine Position." Verschiedene Aspekte des Spannungsfeldes zwischen Kunst und Politik wurden in der Diskussion angerissen, einzelne politische Kunstwerke als Beispiele herangezogen. "Wenn wir das Wort Tagespolitik streichen, ist Kunst immer politisch", meinte etwa Diemut Schilling. Denn wenn man beispielsweise in einer Kriegssituation Bilder malt, die nicht auf den Krieg Bezug nehmen, ist das auch eine politische Aussage, so die Professorin.

Die Ausstellung ist noch diesen Samstag von 9 bis 18 Uhr im Foyer der Alanus Hochschule, Campus II, Villestraße 3 in Alfter, zu sehen. Der Eintritt ist frei. Mehr zu Bertram Schillers Fotos unter http://www.bertramschiller.com

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