Interview mit Heinz Peter Zimmermann "Sie führen praktisch eine Firma mit 200 Mitarbeitern"

ALFTER · Gemeindebrandinspektor Heinz Peter Zimmermann (55) ist seit 1997 Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Alfter. Auf eigenen Wunsch scheidet er aus diesem Ehrenamt zum 2. April aus. Der Gemeinderat Alfter wird seinen Nachfolger bei der nächsten Sitzung am Donnerstag, 26. Februar, ernennen. Über das Engagement Zimmermanns und die Vereinbarkeit von Beruf und Ehrenamt sprach mit ihm Ilse Mohr.

Warum möchten Sie die Wehrleitung für die Freiwillige Feuerwehr Alfter nicht weiter übernehmen?
Heinz Peter Zimmermann: Ich werde bald 56 Jahre alt und nach der Laufbahnverordnung ohnehin mit 60 Jahren aus dem aktiven Dienst ausscheiden. Die Weichen für die Nachfolge wurden bereits vor sechs Jahren gestellt, und es ist nur konsequent, dies jetzt auch umzusetzen, zumal ausreichend geeignete Führungskräfte für die kommenden Aufgaben bereitstehen.

Was empfinden Sie als größte Belastung im Amt als verantwortlicher Wehrleiter?
Zimmermann: In der Leitungsposition ist das heutzutage ein Zweitberuf. Sie führen praktisch eine Firma mit über 200 Mitarbeitern. Die Einsätze sind dabei das Wenigste. Dagegen ist der Zeitaufwand für die Verwaltung wie Personalführung, Beschaffung und Ausbildung enorm. Im Ehrenamt ist das fast nicht mehr leistbar.

Wie bringen Sie Ihr Ehrenamt bei der Feuerwehr mit dem Berufsleben unter einen Hut?
Zimmermann: Ich habe mit der Kreissparkasse Köln einen Arbeitgeber, der dieses Amt immer positiv mitbegleitet hat. Außerdem habe ich in meiner Position bei der Kreissparkasse die Möglichkeit, mir meine Zeit etwas flexibler einzuteilen.

Wie erfahren Sie, dass in Alfter die Feuerwehr gebraucht wird, und was machen Sie, wenn die Alarmierung in Ihre Arbeitszeit fällt?
Zimmermann: Der Meldeempfänger informiert mich über anstehende Einsätze. Ich fahre in der Regel aber nur hinaus, wenn meine Führungsfunktion auch gebraucht wird. Bei einer brennenden Gartenlaube beispielsweise muss ich nicht unbedingt vor Ort sein. Das können unsere gut ausgebildeten Gruppenführer auch durchaus alleine. Anders war das zum Beispiel beim Großbrand der Lagerhalle vergangenen Sommer im Gewerbegebiet Witterschlick, hier werden einfach mehr Führungsebenen benötigt.

Wie hoch ist die Bereitschaft von Arbeitgebern, freiwillige Feuerwehrleute für Einsätze freizustellen?
Zimmermann: Das ist unterschiedlich. Manche Arbeitgeber stehen diesem Ehrenamt sehr positiv gegenüber, andere dagegen üben Druck aus: entweder Job oder Feuerwehr. Dabei regelt das Gesetz die Lohnfortzahlung für die Einsatzzeiten, der private Arbeitgeber bekommt die Kosten durch die Kommune erstattet. Ich habe allerdings Verständnis für kleinere Betriebe, die der Ausfall von zwei Mitarbeitern während der Arbeitszeit hart treffen würde.

Alfter ist eine Pendlerkommune. Auch Sie arbeiten auswärts. Können bei Einsätzen tagsüber die erforderlichen Mannschaftsstärken und Ausrückzeiten überhaupt eingehalten werden?
Zimmermann: Noch klappt es, wenn auch eher knapp, mit negativer Tendenz in den letzten Jahren. Es wird immer schwieriger, mit einer Löschgruppe binnen acht Minuten ab der Alarmierung an der Einsatzstelle zu sein. Wobei meiner Meinung nach diese Regelung, die aus den 70er Jahren stammt, überprüfungsbedürftig ist. Wir bemühen uns daher gemeinsam mit der Gemeindeverwaltung um die Erarbeitung eines Personalkonzepts. Mehr Leute aus der Verwaltung und dem Bauhof sollten parallel auch Feuerwehrdienste leisten. Sonst müssen Hauptamtliche eingesetzt und finanziert werden. Da fallen allein für eine hauptberufliche Löschgruppe mit neun Mann schnell zwei Millionen Euro Personalkosten an und Freiwillige brauchen sie dann trotzdem noch.

Was kann man tun, um ehrenamtliches Engagement bei der Freiwilligen Feuerwehr attraktiver zu machen?
Zimmermann: Das ist eine gute Frage. Denn wer zur Feuerwehr geht, tut dies aus Überzeugung und nicht wegen finanzieller Anreize. Eine Projektgruppe der Feuerwehr Alfter sammelt zurzeit Vorschläge aus den eigenen Reihen sowie Ansätze aus der gesamten Bundesrepublik, um dann zu überlegen, was sich hier bei uns umsetzen ließe. Es sollten meiner Meinung nach sinnvolle Anreize sein, wie beispielsweise der kostenlose Besuch eines Fitnessstudios. Davon hätte sowohl der Feuerwehrmann persönlich als auch die Feuerwehr etwas.

Der aktuelle Brandschutzbedarfsplan weist erheblichen Investitionsbedarf in die Ausstattung von Feuerwehrgerätehäusern und in den Fuhrpark aus. Die Bedarfsliste der Feuerwehr wurde von der Politik unter den Haushaltsvorbehalt gestellt. Wie wirkt sich das auf die Motivation aus?
Zimmermann: Den Haushaltsvorbehalt betrachte ich zunächst einmal als eine Formalie. Das Vorhalten einer Feuerwehr ist eine kommunale Pflichtaufgabe. Wenn ein Löschfahrzeug ersetzt werden muss, muss es eben ersetzt werden. Und Gerätehäuser, in denen die Unfallverhütungsvorschriften schon nicht mehr eingehalten werden können, sind zwangsläufig auch entsprechend aufzurüsten. Die Ausstattung muss halt auch so sein, dass sie auf Bürgerinnen und Bürger attraktiv wirkt, damit wir auch in Zukunft in Alfter auf eine freiwillige und eben nicht auf eine hauptamtliche Feuerwehr bauen können. Ich hatte aber auch nicht den Eindruck, dass Rat und Verwaltung das anders gesehen hätten.

Wie gehen Sie mit seelisch belastenden Erlebnissen um, etwa wenn es bei einem Einsatz Verletzte oder Tote gegeben hat?
Zimmermann: Natürlich gibt es Einsätze, deren Bilder man immer im Kopf hat. Wie damals, als jemand in seiner Sauna verbrannt ist. Im Bedarfsfall können wir über die Leitstelle Mitglieder des Teams für Psychosoziale Unterstützung (PSU) anfordern.

In welcher Weise werden Sie sich zukünftig in der Freiwilligen Feuerwehr Alfter engagieren?
Zimmermann: Ich bleibe weiter Feuerwehrmann am Standort Impekoven. Die neue Führung wird in der ersten Zeit sicher auch noch die ein oder andere Frage an mich haben und dann werden sich sicher auch noch Aufgaben finden, falls ich Langeweile bekommen sollte.

Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger, der nächste Woche ernannt werden soll?
Zimmermann: Ich wünsche ihm, dass er in seiner Amtszeit niemals einen Schwerverletzten oder einen Toten aus den eigenen Reihen beklagen muss. Ich bin Gott dankbar, dass mir dies nie passiert ist.

Zur Person

Heinz Peter Zimmermann stammt aus Impekoven, wo er aufwuchs. Dort lebt der 55-Jährige seit 1988 auch mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen. Zimmermann trat im Alter von 16 Jahren in die Feuerwehr Impekoven ein und gründete später die Jugendfeuerwehr. Der Diplom-Sparkassenbetriebswirt ist als Vorstandsvertreter Leiter des Zentralbereichs Finanzen und Controlling bei der Kreissparkasse Köln. Bei der Freiwilligen Feuerwehr hat er als Leiter der Feuerwehr den höchstmöglichen Dienstgrad "Gemeindebrandinspektor" in einer Kommune erreicht.

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