Dorfgemeinschaftshaus Gielsdorf Schauspieler Horst Janson trug Lyrik von Erich Kästner vor

ALFTER-GIELSDORF · Eine ganz außergewöhnliche Begegnung mit Erich Kästner begeisterte im Dorfgemeinschaftshaus Gielsdorf am Freitagabend rund 160 Besucher.

 Horst Janson sorgte in Gielsdorf für eine außergewöhnliche Begegnung mit Erich Kästner.

Horst Janson sorgte in Gielsdorf für eine außergewöhnliche Begegnung mit Erich Kästner.

Foto: Axel Vogel

Lyrik des deutschen Schriftstellers (1899-1974) las nicht nur der bekannte Schauspieler Horst Janson, einige Texte wurden auch musikalisch interpretiert und entwickelten so ein wundervolles Eigenleben. Dafür sorgten am Piano Klaus Steiner, im Hauptberuf Ingenieur in der Automobilindustrie, und als Sänger der Augenarzt Jürgen Domscheit, beide aus Eitorf.

Sie präsentierten als Formation JuKE-P (das JürgenKlausErich-Projekt) vertonte Texte von Kästner und stellten sie bei der Lesung mit Horst Janson in Gielsdorf erstmals der Öffentlichkeit vor. Unterstützt wurden sie von Imke Frobeen (Cello) aus Eitorf, die am Bodelschwingh-Gymnasium in Windeck-Herchen unterrichtet und in verschiedenen Orchestern und Musikprojekten als Cellistin mitwirkt.

"Die Welt bleibt rund. Und du bleibst ein Idiot. Es lohnt sich nicht, die Menschen zu verachten. Nimm einen Strick. Und schieß dich damit tot." Zeitsatirische Lyrik aus den 20er und 30er Jahren bildete den Schwerpunkt des Abends, den Christoph Mirbach aus Gielsdorf organisiert hatte.

Der in Eitorf tätige Augenoptiker führte den Schauspieler, den er seit vielen Jahren kennt, und die Musiker zusammen. Den Schauspieler Horst Janson (79) kennt man beispielsweise als "Der Bastian", als Horst aus der Sesamstraße, als Old Shatterhand bei den Karl-May-Festspielen, als Pfarrer Lehmann aus der Telenovela "Wege zum Glück" und aus vielen weiteren Rollen in Fernsehserien und Spielfilmen. Aktuell ist er mit dem Theaterstück "Der alte Mann und das Meer" nach der Novelle von Ernest Hemingway wieder auf Tournee.

Die Gielsdorfer lernten Janson nun als Rezitator kennen. "Erich Kästner ist ein genialer Mann gewesen, ich habe alle Bücher von ihm", erzählte Horst Janson in der Pause. Gern lässt er sich für Lesungen gewinnen, in denen er Heiteres und Besinnliches von Schriftstellern wie Wilhelm Busch, Erich Kästner und Eugen Roth vorträgt. Neben seiner Tätigkeit als Schauspieler komme dies etwa zehn bis 20 Mal im Jahr vor.

Zum Werk von Kästner hat er eine besondere Beziehung, da er eine Freundin des Schriftstellers kennt, die ihm viel über den Autor erzählt habe. Obschon vor Jahrzehnten geschrieben, sind Kästners kritische und philosophische Betrachtungen auch heute noch bemerkenswert aktuell, und die Auswahl Jansons kam beim Publikum sehr gut an.

"Wir fahren alle im gleichen Zug und keiner weiß, wie weit ... Der Zug fährt weiter, er jagt durch die Zeit, und keiner weiß, warum." Auch die "sogenannten Klassefrauen" und "ganz besonders feine Damen" nahm Kästner gnadenlos unter die Lupe. "So schweben sie zwischen den Leuten wie Königinnen nach Maß. Doch hat das nichts zu bedeuten. Sie sind ja gar nicht aus Glas! Man kann sie, wie andere Frauen, verführen, verstehen und verhauen."

Im Wechsel mit den großartigen musikalischen Einlagen der Eitorfer Musiker und der virtuosen Stimme des Sängers Domscheidt erlebten die Besucher einen überaus kurzweiligen Abend, der sicherlich den einen oder anderen von Neuem zum Werk Kästners greifen lassen wird. Um beispielsweise nachzulesen, was passiert, wenn die Welt nicht rund wäre: "Ja, wenn die Welt vielleicht quadratisch wär! Und all die Dummen fielen ins Klosett! Dann gäb es keine Menschen mehr. Dann wär das Leben nett."

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