Ausstellung im Haus der Alfterer Geschichte "Et Lang Marie" und "Düvels Mattes"

ALFTER · Posthum werden in einer Ausstellung Alfterer Originale des 20. Jahrhunderts wieder lebendig, die vor allem eines eint: Jeder im Dorf kannte sie, ihre Marotten und ihre Erkennungszeichen. Fotos, Anekdoten und biografische Daten von sechs Persönlichkeiten sowie Gegenstände aus der damaligen Zeit zeigt ab diesen Sonntag, 26. April, das Haus der Alfterer Geschichte.

 Wie früher: Der Vorsitzende des Vereins Alfterer Geschichte, Werner Jaroch (links), und seine Mitstreiter vor dem nachgebauten Ladentresen von "Et Lang Marie" alias Maria Faßbender.

Wie früher: Der Vorsitzende des Vereins Alfterer Geschichte, Werner Jaroch (links), und seine Mitstreiter vor dem nachgebauten Ladentresen von "Et Lang Marie" alias Maria Faßbender.

Foto: roland Kohls

Unter Federführung von Robin Huth hat der Förderverein das Material zusammengetragen, Zeitzeugen befragt und sogar die Verkaufstheke eines Kolonialwarenladens nachgebaut. Der Tante-Emma-Laden ist eine Hommage an "Et Lang Marie" alias Maria Faßbender (1894-1974), die in Olsdorf Lebensmittel verkaufte. Ihr Laden, nur drei mal dreieinhalb Meter groß, war zugleich Treffpunkt, Nachrichtenbörse und Gaststätte für die Dorfgemeinschaft.

Dort kam man auf ein Bier zusammen - und es darf vermutet werden, dass der Umsatz aus dem Getränkeausschank die Einnahmen aus dem eigentlichen Nahrungsmittelverkauf übertraf.

Aber nicht nur das sicherte der groß gewachsenen Frau im Dorfleben eine herausragende Position. Marie Faßbender stellte auch jahrelang die Hauptfigur der Olsdorfer Karnevalsgruppen und war weit über Alfters Grenzen hinaus als weibliche Fahnenschwenkerin bekannt. Ihr besonderes Erkennungszeichen: ein hoher Zigarettenkonsum, den sie mit den Worten rechtfertigte: "Geräuchertes Fleisch hält länger."

An einer Feder am Hut und seinem langen Mantel erkannte man "Düvels Mattes" alias Matthias Reinhartz, dessen Sterbe- und Geburtsdaten nicht bekannt sind. Er wohnte im Wald an der Wasserbroichsbahn oberhalb von Olsdorf, pflückte dort Blumen und baute auch Erdbeeren und Kartoffeln an, die er auf dem Bonner Markt verkaufte. In seinen Manteltaschen klimperte das Geld, denn er trug sein Hab und Gut ständig bei sich. ",Düvels Mattes' war absolut friedfertig.

Er machte keinen Ärger, und versorgte sich mit allem selbst", berichten Zeitzeugen über ihn. "Almosen nahm er auch keine an." Soziales Engagement mit Herz kennzeichnet Jakob Reuter (1927-1980). Nach ihm ist die Straße benannt, die durch das Alfterer Neubaugebiet "Auf der Mierbache" führt.

Der gelernte Werkzeugmacher trat in den 50er Jahren als Angestellter in den Dienst des Kanzleramtes in Bonn. Ehrenamtlich und aus eigenem Antrieb betrieb Reuter in den 60er und 70er Jahren eine Möbel- und Kleidungsbörse für ausländische Gastarbeiter und Bedürftige. Als Lager diente ihm eine Garage an der früheren Kaplanei am Hertersplatz nahe der Kirche Sankt Matthäus.

Darüber hinaus organisierte Reuter unter anderem Zeltlager für Jugendliche, kümmerte sich um die Pflege von Wegekreuzen und des Judenfriedhofes, engagierte sich im Heimatverein und in der Kolpingfamilie.

Den Veilchendienstagszug nutzte er, um auf Missstände und politische Verfehlungen hinzuweisen.

Eine dorfbekannte Figur in Alfter war auch der Landarzt Josef Arenz (1916-1994), der in Oedekoven lebte und arbeitete und später in Birrekoven wohnte. Durch Tätigkeit bei der Marine hatte er sich das Medizinstudium finanziert. Ohne seine Strickmütze sah man den "Doc" nie.

Für Sohn Christian war die Kopfbedeckung so untrennbar mit seinem Vater verbunden, dass er bei dessen Tod - Christian war neun Jahre alt - darauf bestand, dass der Sarg noch einmal geöffnet wurde, um dem Vater die Strickmütze mitzugeben.

Arenz arbeitete ohne weißen Kittel, um die Kinder nicht zu erschrecken, und kam auch schon mal in Gummistiefeln zum Krankenbesuch, wenn er vorher seine Pferde versorgen musste. Er nahm sich Zeit für seine Patienten, besonders gern übrigens zur Mittagszeit, und schlug dann eine Einladung zum Essen nicht aus.

Als weitere Originale werden die Besucher der Ausstellung Wilhelm Maucher (1903-1993) und Dicks Franz (1920-1982) näher kennenlernen. "Das ist erst der Anfang", sagt Werner Jaroch, Vorsitzender des Fördervereins Alfterer Geschichte. Er nimmt gern Informationen, Fotos und Anekdoten über weitere Alfterer entgegen, die von Einwohner als Originale empfunden werden. Mittelfristig ist eine Publikation über diesen Aspekt der Dorfgeschichte geplant. Kontakt: Werner Jaroch, Tel. 0 22 22/26 06.

0 Die Ausstellung "Alfterer Originale" wird am Sonntag, 26. April, 11 Uhr, im Haus der Alfterer Geschichte eröffnet. Das zum Regionalmuseum umgebaute Haus liegt oberhalb der Pfarrkirche Sankt. Matthäus. Danach kann die Schau jeweils dienstags und donnerstags von 18 bis 20 Uhr besichtigt werden.

Der Förderverein

Der Förderverein für das Haus der Alfterer Geschichte wurde 2009 von Ortsvorsteher Werner Jaroch ins Leben gerufen. Seither ist er Vorsitzender des Vereins, der sich in verschiedenen Arbeitsgruppen um die Aufarbeitung der Ortshistorie und die Pflege von Denkmälern kümmert.

Bei der jüngsten Jahreshauptversammlung wurde Jaroch in diesem Amt bestätigt. Als stellvertretender Vorsitzender rückte Robin Huth nach, nachdem Robert Lülsdorf nicht erneut kandidierte. Huth gehört dem Verein von Anbeginn an, betreut die Webseite www.hdag.info und hat bei der Renovierung des ehemaligen Jugendheims zum Regionalmuseum tatkräftig mitgeholfen.

Als Schatzmeisterin kümmert sich Luise Wiechert weiterhin um die Finanzen des Vereins und die ehemalige Alfterer Bürgermeisterin Bärbel Steinkemper um die Schriftführung. Dem Vorstand gehören ferner Bernd Süring an, der seit Jahren die Renovierung und Ausstattung des Hauses der Alfterer Geschichte betreut, sowie außerdem Dieter Nettekoven, Toni Noll und Joslyn Reingen.

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