Öffnung der B 42 für Schwerlaster Rheinorte fürchten mehr Verkehr

SIEBENGEBIRGE · Lastwagen sollen bald unbeschränkt über die B 42 im Kreis Neuwied rollen können: Landrat Rainer Kaul hält die Sperrung, die es seit 1971 gibt, "nicht mehr für vertretbar".

 Nur mit Ausnahmegenehmigung dürfen Lkw bisher die B 42 im Kreis Neuwied nutzen.

Nur mit Ausnahmegenehmigung dürfen Lkw bisher die B 42 im Kreis Neuwied nutzen.

Foto: Frank Homann

Diese Forderung, die wohl auch zu mehr Verkehr auf dem nordrhein-westfälischen Teilstück der B 42 führen wird, geht aus einem Schreiben an das rheinland-pfälzische Innenministerium hervor. Die Kreisverwaltung bezieht sich vor allem auf eine Einschätzung des Landesbetriebs Mobilität. Vorangegangen war eine Forderung der Industrie- und Handelskammer Koblenz.

Landrat Kaul stellte auf GA-Anfrage klar: "Eine Entscheidung über die Freigabe des Schwerlastverkehrs auf der B 42 steht erst nach Abschluss der Bauarbeiten in Hammerstein im Sommer 2016 an. Bis dahin erwarten wir vom Landesbetrieb Mobilität die Vorlage der erforderlichen Daten zur Verkehrsentwicklung. Auf dieser Grundlage kann dann eine gerichtsfeste Ermessensentscheidung getroffen werden."

Der Landesbetrieb hält die Sperrung vor allem deshalb nicht mehr für haltbar, weil die Orte Rheinbrohl und Bad Hönningen mit Kurbetrieb, durch deren enge Straßen die B 42 vormals führte, mittlerweile Ortsumgehungen haben. Durch große Investitionen seien außerdem in den Verbandsgemeinden Unkel und Linz (bis auf Linzhausen) "keine Anlieger unmittelbar vom Verkehr auf der B 42 betroffen", heißt es im Schreiben an das Ministerium.

Das sehen die betroffenen Rheinorte anders. Die geplante Aufhebung des Lkw-Fahrverbots, die übrigens auch die durch den Westerwald führende Bundesstraße 256 betreffen soll, führte zu einem gemeinsamen Brief der Verbandsgemeindebürgermeister von Unkel, Linz und Bad Hönningen, der Bürgermeisterin von Erpel und den Bürgermeistern von Linz, Leubsdorf und Leutesdorf an den Landrat.

Darin heißt es: "Insbesondere an der B 42 ist der Verkehrslärm durch die Kombination von Bahn- plus Straßenlärm seit vielen Jahren erheblich bis unerträglich. Statt alles zu tun, um eine Verminderung der enormen Belastungen zu erreichen, werden Sie nun die Bevölkerung weiteren Belastungen aussetzen." Sie berichten außerdem von Protesten der Bürger gegen die angedachte Aufhebung. Verkehr und Lärm hätten in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Sie erwarteten eine faktenbasierte Überprüfung des Vorstoßes der Neuwieder Verwaltung.

Es gibt allerdings durchaus Gemeinden, die die Aufhebung herbeisehnen. Die Bürgermeisterin von Anhausen, Heidelore Momm, und der Bürgermeister von Rüscheid, Christian Krauß, forderten schon vor zwei Jahren eine solche Entscheidung, denn beide Ortschaften liegen an der Landstraße 258, der einzig sinnvollen und legalen Verbindung für Lastwagen zwischen der A 3 und dem Neuwieder Kreuz B 42/ B 256. Die Orte, so die Hoffnung, würden entsprechend entlastet.

Ein Gutachten dazu, inwiefern sich das Verkehrsaufkommen nach einer Öffnung der B 42 für Lkw ändern würde, existiert nicht. Die Neuwieder Kreisverwaltung und die in Straßenhaus ansässige Polizeiinspektion gehen davon aus, dass sich heute schon viele Lastwagenfahrer über das Verbot hinwegsetzen und ein Bußgeld riskieren. Schließlich können sie 30 bis 40 Kilometer Umweg sparen, wenn sie über die Bundesstraße fahren. Viele Navi-Systeme führen Lkw schon jetzt trotz Verbots über die B 42, so die Erfahrung.

Vorausgegangen war ein Vorstoß der Industrie- und Handelskammer. IHK-Regionalgeschäftsführer Fabian Göttlich meint, die Gründe für die Verkehrsbeschränkung hielten einer heutigen Überprüfung nicht mehr stand. In Neuwied ansässige Unternehmen müssten bislang bis zu mehrere Tausend Euro für Ausnahmegenehmigungen zahlen.

Die Sperrung von Bundesstraßen für den Schwerlastverkehr ist an Grundsätze gebunden. Die Straßen müssten negative Merkmale aufweisen wie enge Ortsdurchfahrten (die es weitestgehend nicht mehr gibt, aber beispielsweise in Leutesdorf und Linzhausen noch existieren). Die Umleitung über die schlechter ausgebaute L 258 sei ungeeignet und der Mehrverbrauch von Sprit durch Umwege nicht gerade umweltfreundlich. Ein Gutachten zum derzeitigen Verkehrsaufkommen und zu den Auswirkungen einer Aufhebung der Sperrung liegt derzeit nicht vor.

Bürger demonstrieren, Politiker protestieren

Die Ortsgemeinden an der Rheinschiene organisieren eine Demonstration gegen Schwerlastverkehr auf der B 42 am Freitag, 8. Mai. Um 17 Uhr treffen sich die Teilnehmer an der Sankt-Laurentius-Brücke.

An der Organisation hat sich auch die rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete Ellen Demuth (CDU) beteiligt.

Sie kritisiert: "Es besteht die große Gefahr, dass die Aufhebung der Sperrung zu einer noch höheren Lärmbelästigung für die Anwohner entlang der B 42 in Neuwied, Leutesdorf, Ariendorf, Leubsdorf sowie in Linz, Erpel und Unkel führt. Der Lärmschutz der Anwohner auf diesem Streckenabschnitt hat höchste Priorität."

Bundestagsabgeordneter Erwin Rüddel (CDU) hätte sich "eine andere Entscheidung mit differenzierten Lösungen gewünscht". Der Bund habe enorm in den Ausbau der Bundesstraßen investiert. Jetzt müsse im Zuge der B 256 zügig eine Lösung für die Ortsumgehung Straßenhaus her.

Die Grünen-Abgeordnete Elisabeth Bröskamp sieht "die große Gefahr, dass sogenannte ,Mautpreller' diese Strecken auswählen, anstatt die dafür vorgesehenen Autobahnen (A 3, A 61 und A 48) zu nutzen". Die Beeinträchtigung der Anwohner sei jetzt schon erheblich, außerdem komme noch bei den Gemeinden an der Rheinschiene "der unsägliche Bahnlärm durch Güterzüge" hinzu, der schon lange niemandem mehr zuzumuten sei.

Die CDU-Fraktion im Kreistag Neuwied hat für die kommende Sitzung am 21. September einen Sachstandsbericht zur Öffnung der B 42 beantragt und will über das Thema diskutieren.

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