ICE-Fahrgast wollte nichts bezahlen "Kauf kein Ticket und steh dazu" - Fall vor Gericht

SIEGBURG/BONN · Mit einer kniffligen juristischen Frage beschäftigt sich derzeit die Berufungskammer des Bonner Landgerichts. Geklärt werden muss, ob jemand, der nicht verhehlt, sondern zu erkennen gibt, dass er kein Bahnticket hat, wegen Schwarzfahrens verurteilt werden kann.

Im vorliegenden Fall ist ein arbeitsloser 32-Jähriger aus Berlin am 11. November 2011 im ICE von Köln nach Frankfurt kurz hinter Siegburg ohne Fahrschein erwischt worden. Anstatt eines Tickets zeigte der studierte Agrarwissenschaftler dem Kontrolleur einen in seiner Wollmütze steckenden Zettel. Auf diesem stand: "Ich fahre schwarz."

Der Angeklagte geht davon aus, dass dies ausreicht, um dem Vorwurf des Erschleichens von Leistungen zu entgehen. Er habe sich nichts erschlichen, sondern von Anfang an dazu gestanden, kein Ticket zu haben. In seinen Augen ist die Bahn ein öffentliches Verkehrsmittel, das für jedermann nutzbar sein muss. Schlechtverdiener dürften nicht ausgeschlossen werden. Dies sah der Richter in der ersten Instanz am Siegburger Amtsgericht anders. Er verurteilte den 32-Jährigen wegen Schwarzfahrens zu einer Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (20 Tagessätze à zehn Euro). Der Angeklagte habe ein Verkehrsmittel genutzt, ohne bezahlen zu wollen.

2009 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass sich jemand des Schwarzfahrens schuldig macht, wenn er ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt und dabei hofft, nicht aufzufallen beziehungsweise den Anschein erweckt, dass er ein gültiges Ticket besitzt. Vom Angeklagten wird nun vorgetragen, dass er diesen "Anschein der Ordnungsmäßigkeit" durch den Zettel in seiner Mütze zerstört habe.

Erst einmal musste der Berufungsprozess jedoch unterbrochen werden: Da der Vorsitzende Richter den vom Angeklagten gewünschten Rechtsbeistand nicht zuließ - es scheint sich um keinen Anwalt, sondern um einen vorbestraften Bekannten zu handeln - stellte der 32-Jährige einen Befangenheitsantrag. Über diesen muss nun entschieden werden. In der Zwischenzeit erhält der Angeklagte die Gelegenheit, vom Oberlandesgericht in Köln überprüfen zu lassen, ob die Ablehnung des Rechtsbeistands korrekt war.

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