Unfälle mit "Personenschaden" im Zugverkehr Gefahrenstelle Gleis

BONN · "Wegen Personenschaden am Gleis kann der Zug derzeit nicht weiterfahren." Diese oder ähnlich formulierte Bahndurchsagen kennt wohl jeder Reisende und Pendler. Bei den jährlich mehr als 1000 tödlichen Unglücken im Schienenverkehr handelt es sich jedoch nicht ausschließlich um Suizid-Fälle.

Auch Unfälle, die aus Fahrlässigkeit von Personen an Bahnhöfen oder Zugschranken geschehen, sind dabei gemeint.

Der am Rosenmontag im Kölner Hauptbahnhof mit den sterblichen Überresten einer zuvor bei Siegburg erfassten Person eingefahrene ICE, ist eher ein Ausnahmefall. Dass ein Zug nach einem Zusammenprall weiter fährt und erst am Zielort oder im nächsten Haltebahnhof Einsatzkräfte Gewebeteile und Blutspuren entdecken, kommt selten vor.

Den Eindruck, die Anzahl der Bahnunfälle, bei denen Menschen ums Leben kommen, sei in letzter Zeit gestiegen, kann die Deutsche Bahn (DB) nicht bestätigen. Nach Einschätzung der DB-Pressestelle in NRW ist es weder im Bundesgebiet noch in der Region zu einer generellen Zunahme gekommen. Laut Bundespolizei gab es im Jahr 2014 knapp 300Personenunfälle auf dem Bahngebiet in NRW. Dabei standen rund 190Unfälle im Zusammenhang mit einem Suizid oder Suizidverdacht. Das ist im Vergleich zu 2013 sogar ein kleiner Rückgang.

Während mit dem Thema Suizid nicht nur bei der Bahn sensibel umgegangen wird, werden Unfälle mit Toten und Verletzten genauso wie größere Bahnunglücke detailliert unter die Lupe genommen: "Unfälle werden genau analysiert, untersucht und daraus Konsequenzen gezogen", sagt Dirk Pohlmann, Leiter der DB-Kommunikationsabteilung in Düsseldorf.

Neben Zwischenfällen in Bahnhöfen bei an- und abfahrenden Zügen, etwa an Bahnsteigen oder Türen, gehören dazu auch tödliche Unglücke an Gleisüberquerungen und Schranken. Hinzu kommen häufig Unfälle an Oberleitungen. Neben Arbeitsunfällen von Mitarbeitern, die an Bahnhöfen und in Gleisnähe Reparaturarbeiten durchführen, kommen an Oberleitungen auch Menschen ums Leben, die dort in der Regel nichts zu suchen haben. Laut Pohlmann gibt es immer wieder Personen, die auf Güterzüge klettern und dabei die Gefahren einer Oberleitung unterschätzen. Die Bahn weist unter anderem mit Youtube-Videos auf genau solche Gefahrenstellen hin. Mit der Sicherheitskampagne "Wir wollen, dass du sicher ankommst" versucht sie vor allem Jugendliche anzusprechen um so präventiv Unfälle aus Leichtsinnigkeit und Unachtsamkeit zu minimieren.

Doch wie geht die Bahn in Notfällen bei Bahnunglücken mit ihren eigenen Mitarbeitern um? "Die psychologische Betreuung unserer Mitarbeiter ist uns sehr wichtig", sagt Pohlmann und verweist auf das Betreuungsprogramm. Mit Schulungen, Stressbroschüren und professioneller Unterstützung nach einem Unfall im Zugverkehr, sei an die Zugbegleiter und Lokführer gedacht. Letztere haben bei einem Unfall mit "Personenschaden" die Aufgabe, die Notbremse zu betätigen und die Strecke sperren zu lassen, was jedoch beim tragischen Unglück am Rosenmontag nicht geschah.

Danach werden sie vor Ort von einem Notfallmanager betreut und zudem von einem Kollegen abgelöst und nach Hause gebracht. Bei Wiedereintritt in den Dienst kann sich der Lokführer bei den ersten Fahrten von einem Psychologen begleiten lassen. Rund 30 Lokführer jährlich können aufgrund der Folgen einer posttraumatischen Belastungsstörung und trotz Therapie jedoch nicht wieder ins Führerhaus zurückkehren und wechseln innerhalb der Bahn in eine andere Tätigkeit.

Weitere DB-Videos zur Sicherheit auf Youtube

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