Neue Verkaufsflächen verschärfen Wettbewerb in Region Einzelhandel buhlt um Kunden - Kleinere Geschäfte leiden

RHEIN-SIEG-KREIS · Der Wettbewerb der Städte und Gemeinden im stationären Einzelhandel verschärft sich. Das geht aus dem neuen Branchenreport der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg hervor.

 Viel Verkaufsfläche entsteht im neuen Huma in Sankt Augustin, was die Stadt Siegburg mit großer Besorgnis beobachtet.

Viel Verkaufsfläche entsteht im neuen Huma in Sankt Augustin, was die Stadt Siegburg mit großer Besorgnis beobachtet.

Foto: Michael Lehnberg

Von den insgesamt 1,39 Millionen Quadratmetern Verkaufsfläche in der Region entfallen 952.380 Quadratmeter auf den Rhein-Sieg-Kreis. Allein dort sind laut IHK im vergangenen Jahr rund 20.000 Quadratmeter neue Verkaufsfläche entstanden - ein Trend, der sich laut Eva Eichenberg, Referentin Handel bei der IHK, seit Jahren fortsetzt und den Wettbewerb zwischen Betriebsformen und Standorten erhöht. "Die Kunden entscheiden nicht nach kommunalen Grenzen, wo sie einkaufen, sondern pragmatisch, etwa nach Parkplätzen und Angeboten", erklärt Eichenberg.

Dabei kämen dem Handel in der Region zugute, dass anhaltend viele Menschen in den Rhein-Sieg-Kreis und nach Bonn ziehen und dass die Kaufkraft der Einwohner hoch ist. "Das trägt mit zu der Haltung vieler Kommunen bei, dem Einzelhandel attraktive und großzügige Flächen bereitzustellen", so Eichenberg.

Im rechtsrheinischen Kreisgebiet wurden etwa in Hennef allein mit dem 2011 eröffneten Müllerland-Möbelhaus mehr als 30.000 zusätzliche Quadratmeter Verkaufsfläche geschaffen. In Troisdorf gibt es seit Ende 2013 die "Troisdorf Galerie" mit 9000 Quadratmetern. In Sankt Augustin wird derzeit der neue Huma-Einkaufspark mit geplanten 39.000 Quadratmetern gebaut, er soll 2017 fertig sein. In der Gemeinde Ruppichteroth soll 2015 auf 5000 Quadratmetern das "Huwil-Center" eröffnet werden.

Auch in der Niederkasseler Innenstadt ist ein 5000 Quadratmeter großes Einkaufszentrum geplant. Der Plan, ein solches zu bauen, scheiterte in der Kreisstadt Siegburg 2010 an einem Bürgerbegehren. Dort soll nun auf kleinere Verkaufsflächen in der Innenstadt gesetzt werden. Eine Filiale von H & M entsteht derzeit auf 2000 Quadratmetern am oberen Markt. Vermutlich im Sog der schwedischen Modekette siedeln sich demnächst auch Liebeskind, Hunkemöller und Swarovski in Siegburg an.

Trotzdem verzeichnen die Einzelhändler in der Region laut Branchenreport "teils deutliche Frequenzrückgänge bis zu 50 Prozent" - ihnen bleiben die Kunden weg. In Siegburg etwa schlossen in den vergangenen Jahren der Herrenausstatter Büttgen, der Porzellanhändler van Gils und Spielwaren Wasser ihre Geschäfte, auch Juwelier Schneider schließt in diesem Winter.

Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist laut Industrie- und Handelskammer der zunehmende Onlinehandel, durch den "immer weniger Menschen zum Einkauf in die Innenstädte" kämen. Zudem bleibe vielen in der Woche weniger Freizeit und Zeit zum Einkaufen. Die Folge für die Händler sind laut IHK "Umsatzverluste zwischen Montag und Freitagmittag, die sich am Freitagnachmittag und Samstag nicht aufholen lassen".

Wer sich jedoch auf diese Entwicklung einstelle, "kann von ihr profitieren und muss die Zukunft nicht fürchten", sagt Eichenberg. Die Chance des stationären Einzelhandels liegt aus Sicht der IHK im Multichanneling, also dem intelligenten Verknüpfen verschiedener Vertriebskanäle und deren Stärken: etwa die persönliche Beratung im Geschäft, wo der Kunde die Ware anfassen und ausprobieren kann, verbunden mit einem Online-Service, über den etwa andere Farben und Modelle bestellt und geliefert werden können.

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