Förderpreis für Waldspielgruppe "Wanderraupen" Einfach nur Kind sein

RHEIN-SIEG-KREIS · Mit Stöcken rühren Fritzi, Ella und Levi in ihrer Suppe. Die Hauptzutaten: Blätter, Wasser und Sand. Ein Stück weiter rutschen Ben und Mara den Hang herunter, Emily balanciert über einen Stamm, und Michel schaukelt in der Hängematte.

 Im Gänsemarsch: Die "Wanderraupen" auf ihrem Weg in den Wald.

Im Gänsemarsch: Die "Wanderraupen" auf ihrem Weg in den Wald.

Foto: ga

Erzieherin Andrea Hahn gibt ihm Schwung und singt dazu. Zum Spielen braucht es nicht viel. Das Waldstück hinter dem Wohnwagen der "Wanderraupen" genügt, um Fantasie, Kreativität und Forscherdrang zu fördern. Seit 1999 bietet die gleichnamige Elterninitiative in Lohmar-Ellhausen eine Waldspielgruppe für Zwei- bis Vierjährige. Jetzt erhielt sie dafür den mit 2500 Euro dotieren "Starke-Kids"-Förderpreis der AOK Rheinland und des Vereins kivi.

Egal ob die Sonne scheint, es regnet oder schneit - die "Wanderraupen"-Kinder sind draußen. "Bei Regen spielen sie einfach Pfützenhüpfen", verrät Andrea Hahn, die die beiden Spielgruppen zusammen mit noch einer weiteren Fachkraft leitet. Und bei Minusgraden ziehen sie sich zum Frühstück, zum Aufwärmen oder zum Basteln in den Wohnwagen zurück. Der ist bunt bemalt und parkt dauerhaft auf einer Wiese in Lohmar-Ellhausen.

Auf der kleinen, überdachten Terrasse davor sitzen die zwölf "Freunde", wie die Erzieher ihre Schützlinge liebevoll nennen, an diesem Morgen beisammen, frühstücken, lauschen Geschichten, singen und stärken sich so für den Tag. Der beginnt bei den "Wanderraupen" um neun Uhr.

"Wir sind eine Elterninitiative", erklärt Luise Schneider, deren Sohn Fritzi seit September eine "Wanderraupe" ist. Das heißt: Die Eltern organisieren und finanzieren den Spielbetrieb selbst. Sie zahlen monatlich 70 Euro für die Zwei-Tage-Gruppe und 100 Euro für die Drei-Tage-Gruppe. "Da wir nicht staatlich unterstützt werden, haben die Eltern weiter Anspruch auf Betreuungsgeld", sagt Schneider.

Das Grundstück in Ellhausen hat eine frühere Erzieherin ihnen überlassen. Den Wohnwagen haben ehemalige Eltern gespendet. Lohmarer Familien stellen das Waldstück sowie ein angrenzendes Feld zur Verfügung. Die jeweils zwölf Kinder starken Gruppen treffen sich in Lohmar, die Kinder kommen aber aus der gesamten Region. "Es ist einfach toll zu sehen, wie sehr die Kinder hier sie selbst sein können", schwärmt Luise Schneider, die zweite Beisitzerin im Verein ist.

Ben kann bei der Geschichte mitreden, die Andrea Hahn vorliest. Mara liebt das Lied von der Spinne, und auch vom Sonnenlied können die Freunde nicht genug bekommen. Regeln und Rituale gibt es unter freiem Himmel wie in herkömmlichen Spielgruppen oder Kindergärten. "Aber die Kinder können hier rennen und schreien, wann immer sie wollen", so Luise Schneider. Lauter ist es dadurch nicht, versichert Andrea Hahn.

Im Gegenteil: "Da sie sich jederzeit abreagieren können, sind sie ausgeglichener." Wer seine Ruhe braucht, zieht sich in das selbst gebaute Tipi zurück. "Das ist auch schon einmal Krankenhaus oder Pizzeria", verrät Hahn, ehe sie die "Freunde" zusammentrommelt.

Es geht ans Hochbeet. Fritzi, Ben, Emily, Ella und die anderen pulen Löcher in die Erde und setzen ein Samenkorn hinein. "Daraus wachsen Möhren und Radieschen", erklären ihnen ihre Erzieherinnen. Im Gänsemarsch folgen die "Wanderraupen" ihnen zum Wassertank - der einzigen Wasserquelle - und zurück zum Beet: "Blumen gießen", erklärt Ella. Dann packt sie mit ihren Freunden ihre Rucksäcke. "An manchen Tagen besuchen wir die Kühe oder Pferde auf den Feldern, an anderen gehen wir in den Wald", verrät Hahn. Heute ist der Wald ihr Ziel. Bis der Tag der "Wanderraupen" endet, aber erst um zwölf Uhr.

Die Wanderraupen bieten am Freitag, 29. Mai, eine Kräuterwanderung für Zwei- bis Vierjährige in Begleitung. Treffpunkt ist ab 16 Uhr am Wohnwagen der "Wanderraupen". Mehr Informationen und Anmeldung auf www.wanderraupen.de

Waldkindergarten

Die Idee der Waldkindergärten stammt aus Skandinavien. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch von konventionellen Kindergärten, dass Kinder und Erzieher jeden Tag bei jedem Wetter im Freien verbringen. Nur bei extremen Wetterlagen ziehen sie sich in eine beheizbare Waldhütte oder einen Bauwagen zurück. Die Kinder spielen mit Gegenständen, die sie in der Natur finden, was unter anderem ihre Sprachentwicklung fördert. Der tägliche Aufenthalt in der Natur soll eine positive Entwicklung der kindlichen Motorik und Wahrnehmung unterstützen und sich positiv auf das Immunsystem auswirken. In Hennef gibt es das Waldkinderhaus Gut Warther Höhe (www.waldkinderhaus.de) und ab Sommer auch den Waldkindergarten Vier Jahreszeiten (www.waki-vierjahreszeiten.de). Letzterer bietet jeden Freitag eine Waldspielgruppe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort