Offene Gartenpforte Eine zweite Wohnung im Grünen

SWISTTAL-OLLHEIM · Hinter dem unscheinbaren grauen Tor an der Ollheimer Mühlenstraße 9 liegt ein kleines Paradies: der Garten von Thomas und Christine Havemann.

Etwa 1000 verschiedene Pflanzenarten auf ebenso vielen Quadratmetern wachsen hier: vom Habichtskraut über Pfingstrosen, Baccharis, Kamelien und Kartäusernelken bis zu seltenen Eichen und dem Walnussbaum, der früher ein Baumhaus beherbergte. Ein schmaler Weg führt vorbei an blühenden Narzissen, einem Gewächshaus für Tomaten und veredelte Ebereschen, schlängelt sich entlang am Kräuter- und Gemüsegarten, an Steingärten und einem von Rosen umwachsenem Holzunterstand, an dem ein Fahrrad mit Nostalgiewert lehnt - bis hin zum Teich, an dem das Wasser geräuschvoll über einen Steinlauf plätschert.

120 Meter misst das Havemannsche Grün in der Länge, etwa acht bis elf in der Breite. Und wer es betritt, zum Beispiel, wenn das Paar im Zuge der Aktion "Offenen Gartenpforte" einlädt, merkt sofort: Hier steckt jede Menge Arbeit, aber vor allem auch Liebe drin. "Andere gucken fernsehen nach der Arbeit, ich bin in der Zeit im Garten, das ist meine zweite Wohnung, meine Leidenschaft, meine Berufung", sagt Thomas Havemann (46). Der gelernte Gärtner arbeitet seit 20 Jahren in einer Baumschule, wo er inzwischen für Einkauf, Vertrieb und Teile der Betriebsführung verantwortlich zeichnet. Da er fast nur noch am Schreibtisch sitzt, ist das Gärtnern für ihn auch ein Ausgleich.

Mit seiner Frau Christine hat er da die perfekte Partnerin: Die 45-Jährige ist ebenfalls gelernte Gärtnerin, beide haben sich in der Ausbildung kennengelernt. Doch auch sie verbringt bei ihrer Arbeit im Liegenschaftsamt der Gemeinde Swisttal, für die sie eine Umschulung absolvierte, viel Zeit im Büro. Und so zieht es beide in der Freizeit in den Garten. Im Sommer verbringt Thomas Havemann etwa drei Stunden täglich dort. Allein das Gießen nehme eine halbe bis Dreiviertel-Stunde in Anspruch. Zurzeit blühen viele Narzissen im Garten, in einigen Wochen sind die Funkien soweit.

Auch die Knospen der Korallen-Pfingstrose (Paeonia mascula) werden sich bald zum allerersten Mal öffnen. Die hat Thomas Havemann vor drei Jahren selbst ausgesät. Der Wandel ist für ihn das Faszinierende am Gärtnern. Dabei orientiert er sich auch am Ansatz des bedeutenden Berliner Staudenzüchters Karl Foerster, dass durchgeblüht wird, sprich das ganze Jahr über sollen verschiedene Pflanzen im Wechsel blühen. "Es ist spannend, die Ergebnisse der Arbeit vom Spätsommer und Herbst im Frühjahr zu sehen", sagt Havemann, "das Frühjahr ist auch Schöpfung pur, es ist genial, was es dann alles zu entdecken gibt."

Bedauerlich findet Thomas Havemann, dass sich in seinen Augen viele Menschen keine Arbeit mehr im Garten machen wollen. "Viele machen Abdeckungen mit Steinen und setzen nur wenig Pflanzen oder entscheiden sich für Sichtschutzzäune statt Hecken", hat er beobachtet. "Ich finde es schade, dass es in Deutschland mit der Gartenkultur nicht so weit her ist.

In Holland und England ist man da viel weiter." Aus Holland haben sich Havemanns auch die Idee abgeguckt, das Fahrrad aus den 40er Jahren, das jahrelang bei Thomas Havemanns Mutter im Schuppen stand, in den Garten zu integrieren. Der 46-Jährige würde sich wünschen, dass "die Leute wieder ein bisschen anspruchsvoller gärtnern, dass Gärtnern wieder mehr Stellenwert bekommt." Nach dem Motto: Mehr Pflanzen, weniger Rasen.

Den gibt es kaum noch im Garten der Ollheimer. Als die vier Kinder (heute 22, 20 und die Zwillinge 18 Jahre) noch klein gewesen seien, sei das auch anders gewesen. Aber heute ersetzt eine ganze Sammlung an seltenen Stauden und Gehölzen den Rasen. Ende Mai ist auch die Gesellschaft der Staudenfreunde zu Besuch. Thomas Havemann schätzt den Austausch mit Fachleuten, mag es, Bestätigung, aber auch Kritik zu erhalten: "Das ist sonst, wie wenn man ein Instrument spielt und nie Publikum hat", sagt er. "Und bei der offenen Gartenpforte haben wir schon viele interessante Gespräche geführt und hatten schon viele begeisterte Menschen hier", ergänzt seine Frau.

Ein gewisses Faible gehört für Havemanns schon dazu. Denn auch wenn man keinen grünen Daumen habe, könne man sich zwar viel Kenntnis über Beobachtung aneignen, allerdings: "Man kann viel lernen, aber die Begeisterung nicht", so Thomas Havemann.

Offene Gartenpforte

Bei der im Rheinland erstmals 2002 ins Leben gerufenen Aktion "Offene Gartenpforte" öffnen engagierte Gartenbesitzer an mehreren Wochenenden ihre kleinen Paradiese für Besucher. Thomas Havemann aus Ollheim, Mühlenstraße 9, lädt Interessenten für Samstag, 30. Mai (Zusatztermin), Samstag und Sonntag, 11. und 12. Juli, sowie Samstag und Sonntag, 12. und 13. September, ein. Geöffnet ist jeweils von 11 bis 18 Uhr. Infos auch unter www.offene-gartenpforte.de

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