"Grünes C" im Rechtsrheinischen Eine Fahrradtour durch die Landschaften

RHEIN-SIEG-KREIS · Hundebesitzer, Radfahrer und Spaziergänger laufen vorbei, ein Pärchen entspannt auf einer Bank in der Sonne. Dieser Anblick bietet sich an einem Sommertag in der Hangelarer Heide.

 Eine Radtour zusammen mit der Mutter. Eine gute Idee vielleicht für den Sohn, der lieber ein aktives Geschenk verteilt.

Eine Radtour zusammen mit der Mutter. Eine gute Idee vielleicht für den Sohn, der lieber ein aktives Geschenk verteilt.

Foto: Holger Arndt

Bei genauerem Hinsehen entdeckt man einige Betonformationen, moderne Bänke mit Metallauflagen, Infotafeln und Schriftzüge im anscheinend frisch geteerten Weg. Sie sind Teil des Projektes "Grünes C", das durch den Wettbewerb "regionale 2010" entstanden ist und mit EU-Mitteln finanziert wurde. Es erstreckt sich von Sankt Augustin über Niederkassel und Troisdorf bis nach Bornheim und Alfter.

In der Hangelarer Heide halten einige Spaziergänger an einem eigens eingerichteten Aussichtspunkt an. Der Blick schweift über Sankt Augustin, rechts der Flugplatz, links die Dächer des Klosters, weiter hinten die Baukräne der Huma-Baustelle, der Birlinghovener Wald und in der Ferne der Niederpleiser Kirchturm.

"Die Plätze für die Aussichtspunkte sind schön gewählt", findet Barbara Schmidt-Kotyrba aus Vilich-Müldorf, die einen selbst gepflückten Wildblumenstrauß in der Hand hält. Gerade zeigt sie ihrer Freundin Martina Jonas aus Düsseldorf die Hangelarer Heide. "Ich finde das Projekt gelungen, denn die Wege machen Lust darauf, die Natur zu entdecken", sagt sie.

Jonas ergänzt: "Diese Projekte sind besonders wichtig, da viele Menschen beginnen, den Bezug zur Natur zu verlieren." Schmidt-Kotyrba kommt auch gerne mit ihren Enkeln hierher und liest die Infotafeln. Sie ärgert sich jedoch darüber, dass diese teilweise mit Grafitti besprüht werden.

Diese Textwände berichten etwa über die Kreuzkröte, die Zauneidechse oder die Molcharten. Doch nicht nur heimische Tiere sind in der Hangelarer Heide zu finden. Auch fünf zottelige schottische Hochlandrinder mit langen Hörnern leben hier. Diese helfen laut dem Sankt Augustiner Umweltschutzbüro, die Heidelandschaft so zu erhalten wie sie ist. Die Rinder lassen die Pflanzen nicht zu hoch wachsen und bearbeiten den Boden mit ihren Hufen.

Während der Weiterfahrt in Richtung Niederkassel ist es wichtig, bei den vielen Abzweigungen aufzupassen und den im Boden eingelassenen Wegweisern in Richtung "Rhein" zu folgen. Hinter Menden beginnt eine ganz andere Landschaft. Die Siegauen sind viel grüner und hinter dem Deich steht ein dichter Wald auf morastigem Untergrund. Hier erzählen die Infotafeln von Farnen und Fischreihern.

Eine Besonderheit ist die Seilfähre "Sankt Adelheid". Schon seit 1777 hilft hier ein Boot, die Sieg zu überqueren. Auch Radfahrer Heinz-Peter Fuchs will auch die Fähre an diesem Montag nehmen, doch an diesem Tag fährt sie nicht. "Das macht nichts, dann fahre ich über die Brücke", sagt der Rentner.

Er fahre oft hier in der Gegend Rad, denn er trainiere für seine Fahrt von Neunkirchen bis zum Bodensee. Mit den neuen Fahrradwegen ist er sehr zufrieden, doch vom "Grünen C" hat er noch nichts gehört. "Warum heißt das denn überhaupt 'Grünes C'?", will er wissen.

Der Flyer des Projektes gibt Auskunft: "Die Draufsicht des Landschaftsraumes, den es zu erhalten gilt, hat die Form eines C", steht dort. Auch auf der anderen Seite der Sieg zwischen Niederkassel und Troisdorf ist die Natur zu bewundern, und es gibt einen Fahrradweg über den Deich mit vielen Bänken. Doch dort gibt es weniger Infotafeln oder Aussichtsplätze.

Bald darauf zwingt eine Baustelle dazu, den Deich zu verlassen, der in Troisdorf zwischen Meindorfer Straße und der Autobahnbrücke der A 59 gerade zum Hochwasserschutz verstärkt wird. Ein kurzer Abstecher zum Sieglarer See lohnt sich. Der ehemalige Baggersee ist nun Naturschutzgebiet und auf seinen zwei Inseln nisten Graureiher und Kormorane.

Nach der Autobahnbrücke gibt es erst einen Wald aus Strommasten, doch bald darauf führt der Weg wieder an der Sieg entlang. "Leider sehen wir so wenig vom Fluss. Es ist alles zugewuchert, und das drüsige Springkraut vermehrt sich explosionsartig", finden die beiden Spaziergänger Christa und Albrecht Menke aus Friedrich-Wilhelms-Hütte. "Dagegen sollte man etwas tun, anstatt Geld für Betonplatten- und -bänke auszugeben, die selbst schon zuwachsen und deren tieferer Sinn mir verborgen bleibt", sagt Albrecht Menke.

Erst nach Recherche auf der Website des "Grünen C", lassen sich die oft für Bänke gehaltenen C-förmigen Betonformen erklären. Sie sollen dabei helfen, die Wegmarkierungen zu erkennen und dienen bei Verdeckung der Schrift durch Laub oder Schnee als zusätzlicher Richtungspfeil. Die Markierungen, auf denen "Rhein" steht, weisen zur Anlegestelle Rheinfähre nach Mondorf. Auch die Kilometerangaben werden von dort aus gezählt.

Der Weg zurück nach Sankt Augustin führt über die Sieg und auf der anderen Seite weiter an ihr entlang. In Mülldorf beginnt der Weg des "Grünen C" wieder, der "Link" genannt wird. Viel ist neu, doch es gibt auch hier schon Wege, die kaputt sind, oder Tafeln, die mit Graffiti übersprüht wurden. In Sankt Augustin befinden sich weitere Projekte des "Grünen C" wie die "Gärten der Nationen", eine Gartenanlage als Interkultureller Begegnungsort, der Mehrgenerationenparcours mit Sportgeräten für alle Altersgruppen und die "Grüne Mitte", ein besonderes Naherholungsgebiet.

Melek Yalcin ist hier mit ihren drei Kindern und deren Freunden unterwegs. "Ich wohne gleich um die Ecke und komme fast jeden Tag her", erzählt sie. Ihr Sohn bestätigt: "Wir fahren viel Fahrrad oder spielen hier." Die "Grüne Mitte" liegt an den Ortsrändern von Mülldorf und Menden und soll laut der Stadt ein "Puffer" zwischen den Wohnräumen und den landwirtschaftlichen Flächen sein.

Es gibt Rasenflächen, auf denen Tierfiguren und Spielgeräte aus Holz stehen. Etwas weiter hinter der "Grünen Mitte" beginnt wieder die Hangelarer Heide. Ein Fahrradfahrer kommt entgegen und grüßt. Barbara Schmidt-Kotyrba und ihre Freundin sind nach Hause gegangen, vorher stellen sie fest: "Viele Leute, denen man hier draußen begegnet, sehen zufriedener aus als etwa die Menschen, die man in der Bahn trifft. Und nicht wenige sagen auch mit einem Lächeln auf den Lippen: Guten Tag."

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