Karneval in der Voreifel Die Narren sind außer Rand und Band

SWISTTAL-MIEL · Bei den Prunksitzungen und dem Kinderkarneval in der Voreifel war allerorten beste Stimmung zu verzeichnen. Dabei wurde deutlich: Die Eigengewächse stehen den bewährten Kölner Kräften als Garanten für Ausgelassenheit in den Sälen in nichts nach.

 Eine Stimmungskanone in Strumpfhosen: Bei der Hunnensitzung in der Heimerzheimer Georg-von-Boeselager-Verbundschule hatte das Dreigestirn um Prinz Frank Johannes I. (Mitte) sowie Bauer Godehard (rechts) und Jungfrau Rita (links) seinen großen Auftritt.

Eine Stimmungskanone in Strumpfhosen: Bei der Hunnensitzung in der Heimerzheimer Georg-von-Boeselager-Verbundschule hatte das Dreigestirn um Prinz Frank Johannes I. (Mitte) sowie Bauer Godehard (rechts) und Jungfrau Rita (links) seinen großen Auftritt.

Foto: Axel Vogel

Im rot-weiß geschmückten Dorfhaus begeistern die Jecken der Karnevalsgesellschaft "Mat Mött Miel" von 1952 ihre Gäste mit einem bunten Programm. Sitzungspräsident Dominik "Piff" Schweminski ließ den Nachwuchs die Bühne stürmen.

Die "Mieler Pänz" begeisterten das Publikum und wurden nicht ohne eine Zugabe von der Bühne entlassen. Die "Husmeester aus dem Bundestag" brachten den neusten "Verzell" aus Berlin und der Ritzenbauer Stefan Butscheid brachte den neusten Klatsch und Tratsch aus dem Dorfgeschehen in einer gereimten Büttenrede auf die Bühne des Dorfhauses.

Die Lachmuskeln strapazierten Pit und Piff mit spitzfindigen und ironischen Bemerkungen über das alltägliche Leben, die bei vielen Gästen wissendes Lächeln hervorlockten. Ein weiterer Höhepunkt des Abends waren die Deutschen Vizemeister im Gardetanz, die Mini-Husaren aus Metternich mit ihrer Choreographie. Die Godesberger Stadtsoldaten ließen mit ihrem Aufmarsch die Bühne erbeben und die Partyband "Six Pack" ließ mit "Mir sin Kölle"die ausgelassene Stimmung im Saal schier explodieren.

Mit tosendem Applaus wurden die Musiker von der Bühne entlassen. Der Elferrat entließ die Musiker mit dreifachem "Alaaf" von der Bühne, ließ Robin Geier hinein, der den Rest des Abends mit Hits aus allen Musikrichtungen gestaltete. "Es war wie jedes Jahr eine unheimlich tolle und abwechslungsreiche Sitzung. Ich freue mich immer wieder darauf. Und jetzt heißt es tanzen bis in den Morgen hinein", lachte Sitzungsgast Dagmar Stroemer.

Swisttal-Heimerzheim

An ihren Tischen stehend oder auch tanzend klatschten Indianer, Piraten, Zauberinnen und Araber den Rhythmus zu den Klängen der "Kölsche Adler" kräftig mit. Die Gruppe um den 22-jährigen Sänger Timo Tiggeler heizte den Jecken in der Aula der Georg-von-Boeselager-Sekundarschule in Heimerzheim kräftig ein. Ob mit karnevalistischen Ohrwürmern oder mit der Aufforderung zum Mitsingen - die 300 kostümierten Narren in der Aula ließen sich nicht lange bitten.

Auffällig war jedoch das Outfit der Gastgeber. Wild anzuschauen, mit viel Fell, Leder, jeder Menge Nieten und fantasievoller Bemalung veranstaltete die Fantasy-Group Heimerzheim zum 18. Mal ihre Hunnensitzung. Und viele, vor allem junge Narren, waren zur einzigen Sitzung der Fantasy-Group in der Session gekommen.

"Wir haben unser Stammpublikum. Aber leider war die Hütte nicht so ausverkauft wie im vergangenen Jahr", bedauerte Krieger Titus alias Dirk Müller, der das Programm zusammengestellt hatte. Das Tambourcorps Frei-Weg Heimerzheim, die "Dancing Cheers", die "Los Rockos", die "Fidele Zunftbrüder" und die "Domstadtbande" fanden, trotz des Schneefalls, den Weg in den Swisttaler Ortsteil. Durch das Programm führten als erster Vorsitzender der Horde Fürst Arkas (Dirk Kowalke) und sein Vize Fürst Scipio (Michael Summen).

Highlight des Abends waren die vereinseigenen "Pausenknüller" der Fantasy-Group, auf die mancher der närrischen Gäste in der ersten Hälfte des Abends mit Spannung wartete. So glänzte Eddy Zock als neuer Rock-Heino ("Heino, das Comeback"). Im zweiten musikalischen Block, der sich aus einem Potpourri aus Fliegerliedern des Films "Top Gun" zusammensetzte, stürmten Michael Etzbauer, Lisa Heiling, Dirk Kowalke, Dirk Müller, Michael Summen, Renate Summen und Edmund Zock die Bühne.

Rheinbach

Zum geselligen Beisammensein kamen die Jecken am Samstagnachmittag in der EIGRO-Transportkälte-Halle in Rheinbach zum im Prinzenempfang der Senatoren des Stadtsoldatencorps 1905 Rheinbach zusammen. Nach einer einjährigen Pause konnte Ehrenkommandant Heinz Nolden jetzt durch ein buntes Programm führen.

Finanziert wurde die Veranstaltung von den Senatoren Jürgen Bong, Norbert Berger, Wilfried Eichen, Karl Heinz Jansen und Michael Schneider. Das Publikum begeistern konnten die Tanzgruppe "Rhythm Delight", ein Auftritt der Tanzmariechen der Stadtsoldaten sowie Trompeter Bruce Kapusta und das Duo "Harry & Chris". Das lebhafte Karnevalstreiben und das vielfältige Programm sorgten für gute Stimmung - auch bei den Tollitäten Rheinbachs und den anwesenden Kernstadtvereinen.

Rheinbach-Oberdrees

Schon das Aufwärmprogramm von Tanzmariechen Tamara Höckendorf gleicht einer sportlichen Show. Umso mehr begeisterte die junge Dame das Publikum bei der Sitzung der Karnevalsgemeinschaft Oberdrees am Samstagabend mit ihrem atemberaubend akrobatischen Auftritt. Sie bot unter dem wachsamen Auge von Trainerin Birgit Höckendorf einen der Glanzpunkte in dem reichhaltigen Programm, durch das Sitzungspräsident Dirk Schulz führte.

Die Kleinsten von den Dreeser Minis, den Spatzen und den Poppies hatten mit ihren Gardetänzen den Anfang gemacht. Oberdrees wird derzeit von einem Kinderdreigestirn, der Prinzessin Laura I. (Schnitzler) und den Geschwistern Warnecke als Bauer Bente I. und Jungfrau Jade I. närrisch regiert. Sie begrüßten ihr jeckes Volk.

Das Publikum in der Ludwig-Fett-Halle neigte zur Grüppchenbildung. Einige scharten sich um ihr Fässchen mit Kölsch, andere waren stets zum Schunkeln bereit und wieder andere schienen am liebsten über die eigenen Witze zu lachen. Präsident Schulz konnte einige Abordnungen benachbarter Karnevalsvereine begrüßen, darunter das Rheinbacher Prinzenpaar Dieter III und Andrea II sowie Tollitäten aus Wormersdorf und Queckenberg.

Lang war die Liste der Ehrungen für langjährige Mitgliedschaft: Heinz Gilles, Ludwig Klaudt und Heinz Schneppen frönen bereits seit 50 Jahren der Narretei, Karl Heinz Eich 45 Jahre. Manfred Haut und Rolf Küpper bringen es auf 35 Jahre, Peter Eich und Ralf von der Heid auf 30. Ein Vierteljahrhundert sind Raschid Creazer, Ralf Loell, Peter Schreiner und Helmut Rose dabei. Mit Show- und Gardetänzen der Rasselbande und der Blauen Funken sowie viel Musik und närrischen Vorträgen feierten die Oberdreeser bis weit nach Mitternacht.

Rheinbach-Merzbach

Die schwarz-rot gehörnten Teufel gehörten zum Tambourcorps Merzbach und musikalisch sind sie obendrein. Daneben tummelten sich bei der Sitzung der Karnevalsfreunde Merzbach/Neukirchen am Freitag ganze Indianerstämme oder geheimnisvoll in schwarz gewandete Gangs.

Sitzungspräsident Jürgen Schöneweiß brauchte einige Notizzettel, um das prall gefüllte Programm ansagen zu können. Garden aller Altersklassen traten auf, besonders belacht wurde das bunt kostümierte Herrenballett. Dazwischen Büttenreden, mit sich steigernden Kaskaden aus Witzen und Pointen.

Die "Bröselmänner", die Merzbacher Eigengewächse Jörg Neumann und Jürgen Schöneweiß, wählten einen politischen Einstieg: Sie fühlten sich gleichermaßen verfolgt vom Gotteskriegern und den Schnüfflern des amerikanischen Geheimdienstes. Danach nahmen sie lokale Ereignisse und Persönlichkeiten aufs Korn.

Nach einer anmutigen Tanzeinlage der kleinen Garde zu Piratenmusik sorgte "De Frau Kühne" (Ingrid Kühne aus Xanten) für Begeisterungsraketen. Mit ihrer fülligen Figur nahm sie sich selbst auf die Schippe: Sie fand es "schlimm, dass wir in einer Gesellschaft leben, wo der Body-Mass-Index (BMI) wichtiger ist als der Intelligenzquotient (IQ)". Nicht ohne Stolz bekannte sie dann: "Ich hab beim IQ und BMI die gleiche Zahl."

Weiter ging es über eine Tupperparty, bei der sich Frauen gegenseitig "die Dosen" zeigen, zu ihrem nach Schweiß riechenden pubertierenden Sohn ("zu jung zum Ausziehen, zu alt für die Babyklappe") bis zur neugierigen Oma, die sich freut, dass der Enkel jetzt "chillt" und nicht immer nur so rumliegt. Beim Prinzenempfang ging es auf der Bühne mindestens ebenso eng zu wie auf den dicht besetzten Bänken. Gefeiert wurde bis weit nach Mitternacht, als der Trompeter, Sänger und Entertainer Bruce Kapusta einen finalen Höhepunkt setzte.

Rheinbach-Merzbach

Mit einem wunderbar bunten Programm empfingen die Kinder- und Jugendinitiative Merzbach (KJI), sowie die Karnevalsfreunde Merzbach-Neukirchen 1994 Groß und Klein am Samstagnachmittag in der Grundschule Merzbach. Durch das knapp dreistündige Programm führten KJI-Vorstand Kalle Kerstholt und Svenja Schöneweiß, Nachwuchstalent und Tochter des Sitzungspräsidenten Jürgen Schöneweiß.

Bereits seit über 20 Jahren geht die Arbeit der beiden Vereine Hand in Hand und gemeinsam veranstalten sie diese Spielnachmittage und Kinderbälle. Für Kalle Kerstholt und seine beiden Helfer, Tamara May und Alexander Hösel, birgt jede Veranstaltung ein neues Erlebnis, da sie sich bei ihren Spielen immer individuell auf die Kinder und ihr Alter einstellen müssen.

An diesem Nachmittag waren besonders viele kleine karnevalsbegeisterte Gäste erschienen, welche jedoch alle sehr heiter und fröhlich mit an den Spielen teilnahmen. Unter anderem wurde gebastelt, mit einem Schwungtuch getollt oder getanzt. Besonders viel Freude hat es den Kleinen aber sichtlich gemacht, als sie - von ihren Eltern ein wenig kritisch beäugt - etwas zu Hause doch eher Verbotenes tun konnten und sich von oben bis unten mit Toilettenpapier einwickeln durften.

Glanzlichter der Veranstaltung waren die Tanzaufführungen der eigenen Funkenmariechen sowie die Aufritte vieler Tollitäten der Nachbarorte. Das Tanzmariechen Kira Rey, erst elf Jahre alt, durfte bereits als Einzelmariechen tanzen und eröffnete damit die einfallsreiche und originelle Vorstellung ihrer Karnevalstanzgruppe. Alle Gäste, ob klein, ob groß, waren begeistert von der Musik, der Stimmung und dem abwechslungsreichen Programm.

Svenja Schöneweiß, welche selbst im Merzbacher Karneval aufgewachsen ist, begrüßte im Prinzenpaare und Damendreigestirne der Region, welche die Kinder auch mit allerlei Süßigkeiten beglückten. Bei Nachfrage, ob es den Kindern gut gefällt und sie Spaß haben, hörte man von allen Seiten ein kräftiges "Ja!" aus den strahlenden Gesichtern und alle winkten mit ihren vollen Süßigkeitentüten.

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