Erster Weltkrieg Der Weltkrieg in den Ortschaften der Sürst

RHEINBACH-MERZBACH · "Berlin, 1. August 1914: Der Kaiser hat die allgemeine Mobilmachung des deutschen Heeres und der deutschen Flotte angeordnet. Der 2. August ist der erste Mobilmachungstag." Der Beginn des Ersten Weltkriegs.

 Soldaten aus der Sürst (v.l.): Jakob Wipperfürth, der Sohn Kann und Martin Nussbaum. REPROS: GA

Soldaten aus der Sürst (v.l.): Jakob Wipperfürth, der Sohn Kann und Martin Nussbaum. REPROS: GA

Foto: Repros: ga

An jenem Sonntag war in der Pfarrkirche Sankt Margareta in Neukirchen Schluchzen und Weinen zu hören, während der Pfarrer den Gläubigen in der Frühmesse Trost und Mut zusprach. Er lobte das tapfere, schlagfertige Heer und den Kaiser, der ein großer Kriegskaiser werden würde. So hat es Jörg Meyer in fünfjähriger akribischer Arbeit in seinem Buch "Pfarrchronik von Neukirchen-Merzbach" festgehalten.

Daraus hat er anlässlich des 100. Jahrestages des Kriegsbeginns gemeinsam mit Peter Baus und Alfred Freund einen Vortrag "Der Erste Weltkrieg und das Kriegserleben in den Ortschaften der Sürst" zusammengestellt. Am kommenden Montag werden die Referenten drei Aspekte beleuchten: die Militärhistorie, die "sehr patriotische" Sichtweise des Pfarrers und die von Lehrer und Schule.

So vermerkt die Chronik, dass es mehrfach schulfrei gegeben habe, wenn wichtige Schlachten gewonnen wurden. Allerdings: "Die Menschen in der Gegend waren überhaupt nicht begeistert", hat Meyer festgestellt. "Sie lebten hauptsächlich von der Landwirtschaft. Durch den Krieg wurden wichtige Arbeitskräfte abgezogen." So hätten die Menschen Trost gesucht. "Bei jeder Gelegenheit füllte sich die Kirche mit andächtigen Betern und die Zahl der hl. Kommunionen verdoppelte sich", zitiert Meyer aus der Pfarrchronik. "Es war nicht so, dass die Soldaten gut verpflegt worden wären", so Meyer weiter. Deshalb sei die heimische Bevölkerung gehalten gewesen, die Soldaten an der Front zu unterstützen.

Und so beteiligten sich auch die Orte der Sürst am "Ausschuß für Liebestätigkeit in Stadt und Land Rheinbach", der schon zwei Wochen nach Kriegsbeginn gegründet wurde. Dessen Aufgaben waren neben der Verpflegung von Verwundeten und durchmarschierenden Soldaten auch die "Sendung von Liebesgaben an die im Felde Stehenden" und die "Unterstützung notleidender Familien durch Rat und Tat". Schon im ersten Kriegsjahr hatte die Sürst erste Gefallene zu beklagen, wie die damals in den Pfarrgemeinden herausgegebenen "Osterkommunionzettel" zeigen.

Insgesamt wurden im Ersten Weltkrieg 180 Männer aus Neukirchen, Merzbach und den Weilern der Sürst einberufen, 47 von ihnen fielen. 1917 musste auch die Pfarrkirche zwei ihrer drei Glocken abliefern, weil sie für Kriegszwecke gebraucht wurden. Auch die bald um sich greifende Hungersnot machte sich bemerkbar: Viele Menschen aus den Städten kamen, um Lebensmittel einzutauschen. Bei Kriegsende erlebte die Sürst auch den Rückzug des Heeres im November 1918 hautnah: Drei Wochen folgte ununterbrochen ein Trupp dem anderen, drei volle Wochen waren sämtliche Häuser und Stallungen vollgestopft mit Soldaten, Pferden und Wagen. Ihnen folgten im Dezember schon die Engländer. sax

Der Vortrag "Der Erste Weltkrieg und das Kriegserleben in den Ortschaften der Sürst" findet am Montag, 3. November, 19 Uhr, im Merzbacher Hof statt. Der Eintritt ist frei, um Anmeldung unter Tel. 02226/12634 wird gebeten.

Die Pfarrchronik Neukirchen-Merzbach ist zum Preis von 28,50 Euro erhältlich in der Buchhandlung Kayser in Rheinbach oder nach E-Mail an

joergundheike.meyer@t-online.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Kosten über Sicherheit
Kommentar zum Einsturz der Brücke in Baltimore Kosten über Sicherheit
Zum Thema
Aus dem Ressort