Erhebliche Schwankungen linksrheinisch Abwassergebühren im Rhein-Sieg-Kreis im Vergleich

RHEIN-SIEG-KREIS · Der Bund der Steuerzahler hat sich die Abwasserkosten näher betrachtet. Innerhalb der Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis gibt es teilweise erhebliche Schwankungen.

Jedes Jahr nimmt der Bund der Steuerzahler die Wohnnebenkosten in Deutschland unter die Lupe. Während die Abfallgebühren im Schnitt stabil blieben oder sogar sanken, legten vor allem die Abwassergebühren in NRW deutlich zu: um 0,8 Prozent oder fünf Euro auf 692 Euro, die der vierköpfige Musterhaushalt durchschnittlich im Jahr zahlen muss.

Im Rhein-Sieg-Kreis sind die Gebühren zwar nicht überall gestiegen - sie lagen allerdings schon zuvor in den meisten Kommunen deutlich über dem Landesdurchschnitt.

Am teuersten nicht nur im Kreis, sondern in ganz NRW ist Neunkirchen-Seelscheid: Die Gemeinde verlangt beim Abwasser mit 1256 Euro das Fünffache der günstigsten Kommune, Reken im Kreis Borken. Die Kreisstadt Siegburg ist bei den Niederschlagswassergebühren mit 2,39 Euro pro Quadratmeter am teuersten in NRW. Der Bund der Steuerzahler stellt die Vermutung an, dass in besonders klammen Kommunen bewusst an der Gebührenschraube gedreht werde. Der GA hat einige Städte und Gemeinden beispielhaft genauer untersucht.

Bornheim

Mit 3,14 Euro pro Kubikmeter Schmutzwasser liegt Bornheim preislich im unteren Mittelfeld des Kreises. "Ich persönlich bin bei Vergleichen zurückhaltend", sagt Ulrich Rehbann, Vorstand des Stadtbetriebs Bornheim. Man müsse die Bedingungen in der Kommune betrachten, etwa ob sie dicht besiedelt ist oder sich auf eine größere Fläche verteilt. Laut Rehbann müssen die Gebühren nach den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes regelmäßig überprüft werden, mit einem Blick auf die vergangenen zwei Jahre und einer Prognose für die zwei kommenden Jahre. Für das Abwasserwerk stehe diese Kalkulation 2015 an. Eine Prognose sei aufgrund verschiedener Faktoren nicht möglich, darunter eventuelle Investitionen oder neue gesetzliche Anforderungen. "Wenn sich nichts ändert, bleiben auch die Gebühren stabil", sagt Rehbann. Zugleich hat der Stadtbetrieb ein Projekt zur Hochwasservorsorge auf den Weg gebracht, bei dem das Schmutzwasser, das Oberflächenwasser und die natürlichen Abflüsse wie Bäche und Flüsse untersucht werden. Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorgestellt werden. Sollten im Rahmen des Projekts Investitionen beschlossen werden, könnte dies aber zu Gebührenerhöhungen führen, so Rehbann.

Alfter

Für die Gemeinde übernimmt die Regionalgas Euskirchen die Wasser- und Abwasserdienste. In Alfter betragen die Gebühren 3,58 Euro pro Kubikmeter Schmutzwasser. Auch Peter Möltgen von der Regionalgas Euskirchen verweist darauf, dass die Unterschiede zwischen den Kommunen an verschiedenen Faktoren liegen. Etwa am Verhältnis der Menge an Schmutzwasser zu den Fixkosten oder daran, dass eine ländliche Kommune eine wesentlich geringere Anschlussdichte habe als eine städtische Region. Bei der Abwasserreinigung könne Alfter preislich nichts machen, sagt Möltgen. Das Abwasser werde in Kläranlagen der Stadt Bonn geleitet. Zugleich verweist er darauf, dass es in Alfter in den vergangenen Jahren vier Gebührensenkungen gegeben habe. "Ich gehe davon aus, dass es in den nächsten Jahren keine Gebührenerhöhung geben wird."

Swisttal

Mit 2,86 Euro pro Kubikmeter zahlen die Bürger der Gemeinde die zweitniedrigsten Abwassergebühren im Kreis. Nur Sankt Augustin liegt mit 2,55 Euro noch günstiger. Die Gemeinde betreibt ihr 134 Kilometer langes Kanalnetz in Eigenregie. Als Grund für die recht niedrigen Gebühren gibt Gemeindesprecher Bernd Kreuer unter anderem die Topographie an. Im überwiegend flachen Gelände ist der Bau von teuren Pumpwerken so gut wie überflüssig. Ob die Gebühren mittel- und langfristig so günstig bleiben? Auf eine solche Prognose wollte sich Kreuer nicht einlassen. Es stünden ständig Modernisierungen und Sanierungen an. Außerdem seien die Anforderungen ans Kanalsystem und die Umweltauflagen hoch.

Rheinbach

Die Abwasserentsorgung kostet die Stadt in diesem Jahr 7,6 Millionen Euro. Laut Carsten Evert, bei der Stadtverwaltung zuständig für Kostenrechnung und Haushalt, sind darin als Hauptposten die Personalkosten, die Kosten für die Unterhaltung der Kanäle und die Umlage an den Erftverband für die beiden Kläranlagen in Rheinbach und Flerzheim enthalten. Umgelegt auf alle Nutzer ergäbe dies eine Gebühr von 3,08 Euro pro Kubikmeter Abwasser. Die Entwässerung der Straßen kostet 1,15 Millionen Euro und wird von den Bürgern über die kommunalen Steuern bezahlt. Evert rechnet damit, dass die Gebühren in den nächsten Jahren "in etwa stabil" bleiben.

Meckenheim

In Meckenheim zahlen die Bürger 2,95 Euro pro Kubikmeter Abwasser. Das hängt auch mit der relativ kompakten Siedlungsstruktur und der flachen Topographie zusammen. Die Stadt hat ihr Kanalnetz dem Erftverband übergeben und bezahlt dessen Kosten über eine Umlage. Kämmerin Pia-Maria Gietz hofft, dass die Gebühren, die seit 2011 moderat stiegen, auch künftig stabil bleiben. Dies hänge aber vom Zustand der Kanäle und vom Sanierungsbedarf ab.

In der Stadt sind mehrere Baugebiete in Bau oder in Planung: die Meckenheimer Sonnenseite, Merler Keil I und II, Steinbüchel. Der Anschluss der neuen Häuser wird natürlich Geld kosten, auf der anderen Seite gibt es damit aber auch mehr Nutzer, die Gebühren zahlen.

Sankt Augustin

In der zweitgrößten Stadt des Rhein-Sieg-Kreises belaufen sich die Schmutzwassergebühren auf 2,55 Euro pro Kubikmeter. Das ist im Rhein-Sieg-Kreis der günstigste Wert. "Wir kalkulieren immer kostendeckend und haben kein so üppiges Kanalnetz", sagte Stadtsprecherin Eva Stocksiefen.

Die Siedlungsstruktur sei weitgehend flach, so dass das Wasser nicht hochgepumpt werden müsste. Die Stadt habe dennoch Mehrkosten, weil das geklärte Wasser in die Sieg eingeleitet werde. "Da sind höhere Anforderungen zu erfüllen", so Stocksiefen.

Die Stadt sorge indes dafür, dass die Zentrale Abwasserbeseitigungsanlage in Menden (Zaba) immer auf dem neuesten Stand der Technik sei. Man bemühe sich zudem immer darum, Kosten und Energie zu sparen. Besonders energiesparend und innovativ sei das Zaba-eigene Blockheizkraftwerk. Das werde mit dem anfallenden Klärgas gespeist. Der so produzierte Strom sowie die Wärme werde für den Betrieb der Zaba und des Verwaltungsgebäudes verwendet.

"Wir haben jetzt auch einen neuen Belüfter für das Belebungsbecken eingebaut, womit wir bis zu 15 Prozent weniger Energie benötigen", so Stocksiefen. Das schlage sich natürlich auch positiv auf die Gebühren nieder. Die Zaba sei im Übrigen ein Regiebetrieb der Stadt und schlank organisiert.

Reparaturen sowie das Reinigen der Kanäle wird laut Stocksiefen durch eigene städtische Mitarbeiter erledigt. Überdies nehme die Zaba auch Schmutzwasser aus Siegburg, Teilen Hennefs und Königswinters auf. "Die Kläranlage ist also gut ausgelastet und arbeitet wirtschaftlich", so Stocksiefen.

Hennef

Anders stellt sich die Situation in Hennef dar. Das liegt auch an der recht schwierigen topographischen Struktur des Stadtgebietes, das sich zudem auf stattliche 105 Quadratkilometer erstreckt. Deshalb gehört Hennef mit 4,28 Euro pro Kubikmeter Schmutzwasser auch zu den teuersten Kommunen im Kreis.

"Wir müssen bis zu 280 Höhenmeter überwinden", sagte Stadtsprecherin Mira Steffan. Die Stadt verfüge neben den Kanälen über zwei Kläranlagen. 125 Sonderbauwerke sorgen für einen reibungslosen Ablauf im Abwassergeschäft. Dazu gehören allein 71 Pumpstationen sowie 54 Regenrückhalte-, Überlauf- und Regenklärbecken sowie Stauraumkanäle.

"Die Wartung dieser Anlagen ist natürlich sehr kostenintensiv", so Steffan. Die Stadt bemühe sich aber, die Gebühren konstant zu halten, könnte nach dem Kommunalabgabengesetz sogar mehr veranschlagen. "Aber wir wollen nur die reinen Betriebskosten decken."

Neunkirchen-Seelscheid

Für die hohen Abwassergebühren der zum Bergischen Land gehörenden Gemeinde sind laut Franz Lohre, Vorstand der Gemeindewerke AöR, mehrere Dinge verantwortlich. Zum einen die bewegte Topographie Neunkirchen-Seelscheids: Auf mehr als 50 Quadratkilometern wohnen nur 20 500 Menschen. Zum Vergleich: In der Kreisstadt Siegburg leben doppelt so viele Einwohner auf der Hälfte der Fläche.

"Das treibt die Kosten für das Kanalnetz in die Höhe", so Franz Lohre. Darüber hinaus liegt auf dem Gebiet der Gemeinde nicht nur der größte Teil der Wahnbachtalsperre, sondern auch die nie gebaute, aber durch die Bezirksregierung gleichsam "freigehaltene" Naafbachtalsperre.

"Damit sind 70 Prozent des Stadtgebietes auf Trinkwasserschutzgebiet", erklärt Lohre. Das bringe besondere Anforderungen für die Abwasserbeseitigung mit sich. So muss etwa Schmutzwasser zu Kläranlagen außerhalb des Schutzgebietes geleitet werden, teilweise bis nach Sankt Augustin.

Siegburg

Mit gerade mal 23,5 Quadratkilometern ist Siegburg die kleinste Flächenkommune im Kreis und doch, was die Abwassergebühren angeht, eine der teuersten. André Kuchheuser, Vorstand der Siegburger Stadtbetriebe AöR, erklärt das mit dem Abwasserbeseitigungskonzept der Kreisstadt.

"Daran halten wir uns genau, und das bedeutet, dass etwa Kanäle häufiger kontrolliert und relativ oft erneuert werden", sagt Kuchheuser. Die Stadt investiere jedes Jahr sieben Millionen Euro in Kanäle und Rückhaltebecken. Allein das Regenklärbecken am früheren Lüghausengelände habe zusätzliche 3,5 Millionen Euro gekostet.

"Durch die hohen Kosten steigen die Abschreibungen", erklärt Kuchheuser - und damit letztlich die Abgaben, die in Siegburg immer wieder Anlass zur Kritik sind. Allein von 2010 auf 2011 wurden die Abwassergebühren um mehr als 30 Prozent erhöht. Der Vorwurf: Mit den Gebühren würden "sachfremde Kosten", etwa für den Kulturbetrieb, gleichsam querfinanziert. Die Verwaltung bestreitet das.

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