Tag des offenen Denkmals Spuren der Geschichte im Wald

RHEINBREITBACH/BRUCHHAUSEN · Als Jakob Sieger noch ein Schuljunge war und seine Großeltern in ihrem Wirtshaus in Rottbitze besuchte, saßen oft die heimischen Förster an der Theke. Sie erzählten sich von Fundstücken, die ihnen auf ihren Streifzügen in die Hände gefallen waren, von Relikten des Krieges und von all diesen anderen historischen Dingen, die im Wald verborgen seien.

 Geschichte zum Anfassen: Jakob Sieger an den Überresten der Beton-Rampen, die Hitler für die V 1 bauen ließ.

Geschichte zum Anfassen: Jakob Sieger an den Überresten der Beton-Rampen, die Hitler für die V 1 bauen ließ.

Foto: Röder

Der junge Bursche bekam stets große Ohren und ließ sich schließlich anstecken von der Faszination an der regionalen Geschichte. Das ist gut 40 Jahre her. Heute ist der Königswinterer Jakob Sieger zertifizierter Natur- und Landschaftsführer für den Naturpark Siebengebirge.

Für die Heimatvereine Rheinbreitbach und Bruchhausen ist er an diesem Sonntag wieder aktiv: Er führt Interessierte am Tag des offenen Denkmals zu den Überresten der V 1-Feuerstellungen aus dem Zweiten Weltkrieg im Waldgebiet nahe dem Auge Gottes.

Zum diesjährigen Motto "Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale" hat Sieger eine klare Meinung: "Manche Denkmäler sind heutzutage in zweierlei Hinsicht unbequem: Weil es an unbequeme Wahrheiten erinnert und weil es finanziell unbequem ist, sie zu erhalten."

Die Flugbombe V 1, eine von Hitlers Terrorwaffen, wurde unter unmenschlichen Bedingungen von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen in verborgenen Produktionsstätten hergestellt. Unausgereiftheit und ungenügende Zielgenauigkeit der damals neuartigen Technik führten zu erheblichen Opfern in der Zivilbevölkerung.

Im Erpeler Kirchspielwald, zwischen dem Auge Gottes und dem Asberg, gibt es vier V 1-Feuerstellungen. "Solche Originalschauplätze sind wichtig, um auf Geschehnisse hinzuweisen, die wir hier nie wieder haben wollen", sagt Sieger und schiebt hinterher: "Wenn wir solche Denkmäler wegreißen würden, nur weil sie unbequem sind, ist das nicht die Tilgung der Vergangenheit."

Es sei erstaunlich, so Sieger weiter, wie gering oft die Wertschätzung für Denkmäler ist: "In ein Schloss Drachenburg werden 40 Millionen Euro investiert. Das ist ja in Ordnung. Bei einem Denkmal wird die kurzfristige Wirtschaftlichkeit hingegen über den Wert an sich gestellt."

Seit 20 Jahren führt Jakob Sieger bereits durchs Siebengebirge. Die Geschichte der Region sei für ihn wie ein reales Puzzle, sagt er. Eines mit ernstem Hintergrund, das sich immer weiter zusammensetzt, weil er den Dingen auf den Grund geht.

Das führt auch manchmal zu Zwist mit Zeitzeugen: Noch heute sind sich viele Königswinterer und Bad Honnefer sicher, dass vom Auge Gottes V1-Flugkörper abgeschossen worden sind. Doch das sei, so Sieger, gar nicht möglich: "Die Technik für einen Abschuss war dort oben gar nicht vorhanden - und es gibt in den Akten klare Befehle der Einheit, die einen Abschuss ausschließen."

Treffpunkt zur kostenlosen Führung ist am Sonntag um 14 Uhr an der Laurentiushütte in Bruchhausen. Die Führung dauert etwa zwei Stunden. Wetterfeste Kleidung und bequeme Schuhe sind nötig.

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