Obere Burg in Rheinbreitbach Musischer Intellekt und feine Ironie

RHEINBREITBACH · "Der Mann im Frack ist Konzertpianist, aber hauptberuflich hat er Humor": Dass diese Charakterisierung eine treffende ist, machte Armin Fischer nach nur wenigen Minuten, ja Sekunden, deutlich. Der Förderkreis der Oberen Burg Rheinbreitbach hatte Fischer zu einem Abend unter dem Motto "Pointen und Piano" eingeladen.

 Armin Fischer zog das Publikum in der Oberen Burg von Anfang an in seinen Bann.

Armin Fischer zog das Publikum in der Oberen Burg von Anfang an in seinen Bann.

Foto: Frank Homann

Als ein "verkanntes Genie" kündigte Vorstandsmitglied Renate Mahnke den Pianisten an. Vorhang auf für einen Mann, der mit so ziemlich allem Vorstellbaren zu unterhalten wusste. Anekdoten aus dem Leben eines Konzertpianisten. Eine ausschweifende Gestik, um berühmt-berüchtigte Komponisten zu imitieren. Und eine Mimik, die an Gesichtsakrobatik grenzte - en passant schüttelte er ein Repertoire aus den Ärmeln, das ein Traum für jeden Klassikliebhaber war.

Was Fischer seinem Publikum bot war Klassikkonzert, Kabarett, Stand-up-Comedy - all das mit so viel Stil, dass der Abend eine willkommene Abwechslung zu den gängigen Unterhaltungsformaten des 21. Jahrhunderts darstellte. Fischer selbst meisterte eine Gratwanderung irgendwo zwischen Tiefstapelei und Größenwahn. An einem Stück des ungarischen Komponisten Franz Liszt verdeutlichte er, dass man das eine oder andere Werk auch mal verkürzt spielen kann: "Mann kann so ein Stück ja auch auswalzen, aber ich lasse gern die schweren Stellen weg." Denn, "das Publikum applaudiert nicht wesentlich mehr, wenn mehr gespielt wird". Das sei durchaus nicht als Faulheit zu verstehen, sondern als "Expertenextrakt". "Ich weiß es doch aus Erfahrung: Ich spiele mir hier einen Wolf, und das Publikum denkt sich: 'Ja, wird schon stimmen, was der da macht'."

Eben diese Erfahrung ist es auch, an der Fischer großzügig teilhaben lässt. Nach langer Zeit in dieser Branche kann er an der Art und Weise, wie sich Kollegen an das Klavier setzen, erkennen, was sie spielen werden. Wenn sich ein Klavierspieler besonders entspannt an sein Piano setzt, seine Finger über die Tasten gleiten, ja fliegen lässt, weiß Fischer: Hier spielt einer gleich Chopin. Das Gegenteil ist bei einem anderen Komponisten der Fall: Eine respektbezeugende Grundhaltung, der Blick auf die Klaviertastatur voller Schrecken und ein Umgang mit den Tasten, als seien sie auf 100 Grad erhitzt, zuckend und bebend - ein Spiel wie im Wahn. Der Klassikkenner weiß: Jetzt kommt Beethoven.

Wenig abwechslungsreich, so Fischer, gehe es für Klavierspieler wiederum bei Kreuzfahrten zu. "Ich habe es tatsächlich geschafft, eine ganze Welttournee mit nur einem Stück durchzuziehen" - auf einem Kreuzfahrtschiff. Auf einer solchen Dampferfahrt, während Frühstück, Brunch und Dinner, zwischen Bar, Restaurant, Foyer und Wellengang, würden die Touristen eh nichts von der Musik mitbekommen, die der Pianist ihnen tagein tagaus bietet. "Aber wehe die Musik hört einmal auf! Das fällt sofort auf, und alle geraten in Panik: Was ist denn jetzt los? Sinken wir?"

Fischer setzt sich auch mal mit dem Rücken zum Klavier und fragt das Publikum nach Volksliedern, die er dann spielt: "Frère Jacques" oder Schuberts "Forelle" - rückhändig. "Das konnte auch Mozart", so Fischer. "Dann konnte das 250 Jahre keiner. Mir fällt's leicht."

Am liebsten spiele er unbekannte Stücke, da falle ein Fehler auch weniger auf. Anders bei "Für Elise": "Das kennt einfach jeder, und ein Fehler fällt dann auch jedem auf." In so einem Fall halte er sich an den Ratschlag eines Politikers: Wenn du mal einen Fehler machst, musst du ihn gnadenlos wiederholen. Also spielte Fischer das berühmte Beethoven-Werk mit dem gleichen Fehler an immer derselben Stelle, eine "vertrauensbildende Maßnahme", zitierte Fischer seinen Politikerbekannten.

Egal, was Armin Fischer tat, das Publikum kam aus dem Lachen nicht mehr heraus. Für diese Unterhaltung auf höchstem Niveau, die Verschmelzung von musischem Intellekt, kulturellem Anspruch und feiner Ironie, konnte man dem Förderkreis nur danken.

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