Futsal beim FC Unkel Mehr als 20 Spieler machen mit

UNKEL · Der FC Unkel hat im August eine Futsal-Abteilung gegründet. Und die Nachfrage ist groß.

 Futsal ist beim FC Unkel begehrt: Trainer Stephan Lehmann (l.) gibt seinen Spielern hier taktische Tipps von der Seitenlinie.

Futsal ist beim FC Unkel begehrt: Trainer Stephan Lehmann (l.) gibt seinen Spielern hier taktische Tipps von der Seitenlinie.

Foto: Homann

Stephan Lehmann ist in seiner Freizeit Entwicklungshelfer - zumindest sagt er das. Eigentlich ist er Fußballtrainer, doch das ist vorbei. Dieser Sport sei sein Leben gewesen, doch all die Pöbeleien, all das rüde Gegrätsche, Sonntag für Sonntag, wären nach 40 Jahren selbst für ihn zu viel gewesen. "Der Fußball auf dem Dorf schafft sich ab", raunzt er und schiebt resignierend hinterher: "Proletenhaftes Gehabe ist das oft."

Jetzt ist er Entwicklungshelfer. In einer Sportart, die wie Fußball aussieht, die sogar so klingt, wenn der Ball gegen den metallischen Pfosten scheppert. Aber: "Wenn du in Fußball denkst, kommst du hier zu spät", philosophiert Abteilungsleiter Lehmann. Hier, das ist Futsal. Und Futsal, das ist eine junge Variante des Fußballs.

In Brasilien spielen sie das schon seit Anfang der 50er Jahre, in Deutschland seit ein paar Jahren und in Unkel seit August 2013. Der FC Unkel hat dieser eigenständigen Sportart eine eigene Abteilung gegönnt. Diese hat in kürzester Zeit einen Zustrom erlebt, wie ihn selbst die größten Optimisten im Verein nicht für möglich gehalten haben: Nach nur sechs Monaten zählt die Futsal-Abteilung mehr als zwanzig Spieler. Anders sieht die Spiellandschaft in der Region und darüber hinaus aus. Der FC Unkel muss im benachbarten Verband Mittelrhein antreten, weil sich im Rheinland nicht genügend Mannschaften gemeldet haben. "Im Futsal nimmt uns in der Welt niemand ernst. Da sind wir Dritte-Welt-Land", sagt Lehmann, der Entwicklungshelfer.

Passen, dribbeln, schießen - Tor! Das ist deutsche Werksarbeit, davor fürchtet sich die ganze Welt. Im Futsal ist das anders. Eine deutsche Nationalmannschaft gibt es nicht. Pedro Pinto-Soares ist der zweite Mann an der Seitenlinie. Er hatte die Idee, das Vereinsangebot um dieses hierzulande noch exotische Segment zu erweitern. Das liegt auch nahe, ist Pinto-Soares doch Portugiese. Und in Portugal lieben sie Futsal.

In Unkel inzwischen auch. Es ist Montagabend und die Turnhalle über dem Unkeler Hallenbad ist hell erleuchtet. Zwei Tage zuvor hatten sie ein Meisterschaftsspiel. Verbandsliga, Mittelrhein. Das ist die unterste Klasse. Das Spiel ging verloren. Natürlich ging es das. Die Mannschaft trainiert schließlich erst seit gut einem halben Jahr mit diesem Ball, der kleiner ist als ein Fußball, der weniger Druck hat und der deshalb auch kaum springt. Sie spielen in einem Team, das vier Feldspieler und einen Torwart umfasst, und in dem die Spieler während der Partie im "fliegenden Wechsel" ausgetauscht werden.

Die Trikots tragen Aufschriften wie Pinto Junior, Tuncay oder Prince. "Die Hälfte bei uns hat Migrationshintergrund", sagt Trainer Lehmann. Im Vereinsregister hat sich die Gründung der Abteilung bereits ausgezahlt: Von etwas mehr als 100 Mitgliedern stieg die Zahl auf rund 140. Allein zwölf Neuanmeldungen erfolgten über Futsal.

Die Rolle des Deutschen Fußball-Bundes sieht Lehmann indes kritisch: "Der DFB hat kein großes Interesse daran, Futsal populärer zu machen. Oder würden sonst nur sechs von 13 Verbänden Futsal anbieten?" Wir, also Fußball-Deutschland, verschenken so unheimlich viel Potenzial, sagt der Abteilungsleiter. Am liebsten würde er die Bambini und die F-Jugend des Vereins nicht im Fußball, sondern im Futsal ausbilden: "Weil sie dort technisch mehr lernen."

In einer Sportart, über die der Weltklassefußballer und Filigrantechniker Lionel Messi einmal gesagt haben soll, dass er ohne Futsal nicht der Techniker geworden wäre, der er heute ist. "Die Spieler lernen, eine Situation schnell zu erkennen und darauf zu reagieren", sagt der Bad Honnefer Lehmann. Der Torwart darf den Ball nur vier Sekunden am Fuß halten. Distanzschüsse sind eher selten - und wenn an diesem Montagabend dann doch mal jemand aus 15 Metern abzieht, nutzt er dafür die Pike. "Dann flattert der Ball schön", erklärt der 54-Jährige. Es ist der Albtraum für jeden Torwart.

Die Verletzungsgefahr ist beim Futsal ohnehin deutlich geringer. Hier grätscht niemand in den Gegenspieler. Das ist nämlich verboten. Hier wird nicht beschimpft, nicht gepöbelt, nicht gespuckt. Sagt zumindest Stephan Lehmann. Körperlos sei es aber auch nicht - "einen Kopfstoß habe ich hier aber noch nie erlebt", sagt er. Lehmann ist längst zum großen Futsal-Fan geworden. Und zu einem leidenschaftlichen Entwicklungshelfer.

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