Im Wettlauf mit der Zeit bauten die Deutschen Stellungen gegen die Alliierten in Unkel aus Geheimauftrag am Asberg

RHEINBREITBACH/ERPEL · Das Stück Papier, das den Stempel "Geheime Kommandosache!" aufgedrückt bekommen hat datiert von 9. Oktober 1944. Dem Flakregiment 155 wird darin eine Einsatzänderung mitgeteilt.

 Gut erhalten sind die Fundamente der Startrampen, die die Deutsche Wehrmacht gegen Ende des Zweiten Weltkrieges am Asberg baute.

Gut erhalten sind die Fundamente der Startrampen, die die Deutsche Wehrmacht gegen Ende des Zweiten Weltkrieges am Asberg baute.

Foto: Frank Homann

"Auf Grund neuer Einsatzrichtlinien ist Einsatz einer Batterie aus den Stellungen nordostwärts Remagen notwendig geworden", heißt es militärisch knapp. Die Stellungen 325 bis 328 seien "beschleunigt auszubauen", ein Teil jener Stellungen also, die im Erpeler Kirchspielwald am Asberg und um das "Auge Gottes" bei Rheinbreitbach in der gebotenen Schnelle und unter höchster Geheimhaltungsstufe errichtet werden sollten.

Das Ziel: der Abschuss von "Vergeltungswaffen" (V 1-Waffen), um das Vordringen der Alliierten zu erschweren. "Eine Terrorwaffe, die letztlich in Erpel aber nicht zum Einsatz gekommen ist", sagt Jakob Sieger, Schreibwarenhändler aus Königswinter.

Aus Interesse forscht er viel über den Zweiten Weltkrieg und seinen Verlauf in der Region. In dem Jahr, in dem den Amerikanern die Landung in der Normandie glückte, mussten die deutschen Militärs den hurtigen Vormarsch der Alliierten gen Osten hinnehmen. Die Brücke von Remagen - strategisch wichtiger Übergang über den Rhein - galt es auf Gedeih und Verderb zu verteidigen.

Aber noch dachten die deutschen Kriegstreiber Ende 1944 in weiteren Bahnen: "Am 9. Oktober erging der Befehl zur Erkundung von Stellungen im Raum Königswinter-Ittenbach-Honnef-Linz in Grundrichtung geografisch West", heißt es im 2010 erschienenen Beitrag "Feuerstellungen bei Bruchhausen", den Jakob Sieger für den Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz verfasste.

Vor allem das belgische Antwerpen, von wo die Alliierten ihren Nachschub organisierten, sowie die strategisch wichtigen Städte Brüssel und Lüttich standen im Fokus.

Von den Feuerstellungen nahe Bruchhausen sollten die tückischen Flugbomben gestartet werden. Einer Waffe, die zwar wenig zielgerichtet abgefeuert werden konnte, aber einen gewaltigen Schaden in der Fläche anrichten konnte. Zuverlässig war sie nicht gerade. Von anderen Stellungen im Westerwald abgeschossene V 1 gingen mitunter viel zu früh runter. Deshalb nannte die Bevölkerung in der Eifel die Stellungen auch "Eifelschreck".

Die Nazis ließen sie von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen unter gefährlichen Bedingungen zusammensetzen, die vielen das Leben kostete. In Nordfrankreich bauten die Deutschen verbunkerte Stellungen für solche Geschütze. Am Asberg war das anders: Schnell musste es gehen. Die Erkundung des Geländes dauerte bloß fünf Tage, nachdem der Befehl eingegangen war.

Das Unternehmen startete also unter größter Geheimhaltung. An einer Stellung auf dem Schweifelder Weg, so der Befehl, durften die neun für die 50 Meter lange Startrampe notwendigen Fundamente aus der Luft nicht zu erkennen sein.

Die Tarnung vor feindlichen Fliegern hatte oberste Priorität. Das kann man Anweisungen entnehmen, die genau vorschreiben, wie beim Wechsel der Jahreszeiten die Arbeit an den Fundamenten zu erfolgen habe. Die Versorgung sollte über die Bahnhöfe Kalenborn und Vettelschoß erfolgen.

Insgesamt schafften es die Deutschen, vier Feuerstellungen im Erpeler Kirchspielwald zu errichten. Als die 21. Batterie am 4. März 1945 den Befehl erhielt, am Asberg alles für den Einsatz vorzubereiten, war es schon zu spät. Sechs bis acht Tage wären nötig gewesen, um alles einzurichten - eine zu lange Vorbereitungszeit.

Denn am 7. März 1945 drangen die Amerikaner über die Ludendorff-Brücke (bekannt als Brücke von Remagen) auf die rechte Rheinseite nach Erpel vor. Sie überrollten die Deutschen förmlich.

Die Luftwaffe erkannte die Aussichtslosigkeit und hatte die Soldaten und das technische Gerät bereits mit der Bahn abtransportieren lassen. Da am Asberg keine Startrampen, sondern nur die Fundamente standen, sahen die Alliierten es nicht für sinnvoll an, die Stellungen zu sprengen. "Sie sind heute die besterhaltensten ihrer Art", sagt Jakob Sieger.

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