Bestatter als Event-Manager Eine veränderte Begräbniskultur

SIEBENGEBIRGE · Der Tod darf heutzutage ruhig ein bisschen bunter sein. Im Bestattungshaus Kentrup in Königswinter etwa bietet Geschäftsführer Christoph Klant Familien an, die Särge ihrer lieben Verstorbenen anzumalen, um persönlich Abschied zu nehmen. Und Michael Prinz von Bestattungen Schultheis in Rheinbreitbach hat eine schwarze Urne im Angebot, die ein trauriger Clown ziert.

 Bestatter Michael Prinz aus Rheinbreitbach zeigt die Sonderanfertigung einer Urne mit einem traurigen Clown.

Bestatter Michael Prinz aus Rheinbreitbach zeigt die Sonderanfertigung einer Urne mit einem traurigen Clown.

Foto: Frank Homann

Beide sagen: Der traditionelle Ritus mit Eichensarg und ausschließlich geistlichen Kirchenliedern spielt in ihrem Geschäft eine zunehmend kleinere Rolle. Was immer mehr zählt, ist Individualität: "Es hat sich dramatisch viel verändert", sagt Christoph Klant.

Wie sich die Gesellschaft wandelt, so wandelt sich auch ihr Umgang mit dem Tod. Viele Hinterbliebene können in einer älter werdenden Bevölkerung die Grabstelle ihre Eltern kaum mehr selbst pflegen. Auch die Kosten, ob nun für die Bestattung oder die Unterbringungszeit, spielen eine wichtige Rolle. Ein Hinterfragen der Kosten ist längst kein tabu mehr, wie vor 20 Jahren. Zumal sie je nach Friedhofssatzung und Bestatter variieren können. Die Hinterblieben fragen nach, wie teuer die einzelnen Posten sind, und holen auch schon mal ein zweites Angebot ein. Der Wettbewerb nimmt zu.

Die Stadt Königswinter hat den Entschluss gefasst, mehr pflegeleichte Grabstellen einzurichten. Neben den Urnenbestattungen, die deutschlandweit mittlerweile rund 60 Prozent aller Bestattungen ausmachen, sind Gemeinschaftsgräber und Rasenreihengräber stark nachgefragt oder die Beisetzung an Bäumen, entweder anonym oder mit einem kleinen Grabmal gekennzeichnet. Die Friedhofsgärtner haben deutlich weniger Arbeit damit im Vergleich zum normalen Erdgrab.

Es besteht aber ein Friedhofszwang in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die Asche darf also beispielsweise nicht im eigenen Garten am Lieblingskirschbaum verstreut werden. Wohl aber kann die Beisetzung in den immer beliebter werdenden Waldfriedhöfen erfolgen, die vor allem unter den Namen "Friedwald" und "Ruheforst" bekannt sind. Von ihnen existieren mittlerweile mehr als hundert Stück in Deutschland.

Aber nicht nur die Auswahl an Urnen- oder Sargmodellen für die sterblichen Überreste steigt stetig an. Auch die Wünsche für die Zeremonien zu Ehren der Toten verändern sich. "Sie sind so unterschiedlich wie die Menschen", sagt Klant. "Das Statische in Reih' und Glied ist kaum noch gefragt", meint Michael Prinz. Oft werde bei der Bestattung weltliche Musik gespielt, die der Verstorbene zu Lebzeiten gerne hörte. Prinz: "Das kann sogar ein Karnevalslied sein, wenn es passend ist." Ob individuelle Musik, besondere Blumengestecke, ein farbiges Bestattungsauto: Die Bestatter von heute werden immer mehr zu Event-Managern für den traurigen Augenblick. Die Beratungsgespräche dauern auch länger. "Viele Hinterbliebene stehen innerhalb von wenigen Tagen vor der Herausforderung, Entscheidungen fällen zu müssen, über die sie vorher nie nachgedacht haben", sagt Prinz. Manche wollen keinen geistlichen Beistand mehr, sondern einen freien Redner, der nichts mit der Kirche zu tun hat.

Nicht nur die Bestatter empfehlen, sich rechtzeitig mit der Frage auseinanderzusetzen, wie die eigene Beisetzung ablaufen soll, sondern auch die Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas mit Sitz in Oberpleis. "Man nimmt den Hinterbliebenen den Druck, wenn man die Eckpunkte rechtzeitig festlegt", sagt Pressesprecher Alexander Helbach.

Dass jeder Hinterbliebene einen Ort zum Trauern braucht, kann Alexander Helbach nicht bestätigen: "Man kann das nicht pauschal sagen." Aus Sicht von Aeternitas könnten die für Friedhöfe zuständigen Kommunen ihre Satzungen entsprechend der geänderten Wünsche für Zeremonien liberaler gestalten. "Viele schreiben vor, welche Größe und aus welchem Material die Gräber zu sein haben", sagt Helbach. Es sei notwendig, den Friedhof nicht nur als Grabstätte, sondern auch als grünen Ruhebereich zu begreifen.

Eine amortisierende Finanzierung des Friedhofs rein aus Gebühren sei nicht mehr zeitgemäß und treibe die Kosten für Bestattungen in die Höhe. Zumal die Zahl der Sozialbestattungen, bei denen der Staat zahlt, stetig zunehmen: 2010 wurden auf diese Weise knapp 23 000 Leichname bestattet, im vergangenen Jahr waren es schon knapp 30 000.

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