Evangelische Kirchengemeinde Vegane Woche ist der Renner

LINZ · Frikadellen aus Kidneybohnen, Nudeln aus Zucchini oder Schokomousse aus Sojamilch: Die Küche von Heike Otten ist in diesen Tagen bis in die letzte Ecke zugestellt mit veganen Lebensmitteln. Hier, in Dattenberg, ist nämlich die Schaltzentrale für eine Woche, die von der Evangelischen Trinitatis Kirchengemeinde Linz/Bad Hönningen organisiert wird und deren Thema offensichtlich den Nerv der Zeit trifft: sieben Tage ohne Tierprodukte.

 Heike Otten (rechts) und Sabine Oberhoff haben die Speisen für die Woche zubereitet. Frikadellen aus Kidneybohnen standen ebenso auf dem Speiseplan wie Nudeln aus Zucchini.

Heike Otten (rechts) und Sabine Oberhoff haben die Speisen für die Woche zubereitet. Frikadellen aus Kidneybohnen standen ebenso auf dem Speiseplan wie Nudeln aus Zucchini.

Foto: Betzholz

"Wir wollen für ein veganes Leben begeistern, nicht zu einem missionieren", sagt Presbyterin Otten. Und das gelingt anscheinend prächtig: An den ersten vier Abenden sind insgesamt mehr als 200 Menschen gekommen.

Es ging bislang um Kochtipps, um Gewohnheiten und Nachhaltigkeit und um die Frage, wie vegane Ernährung unsere Gesundheit beeinflusst. Oder: Haben Tiere eine Seele? Die Referenten näherten sich dem Thema aus verschiedenen Richtungen, mal ethisch, mal wissenschaftlich, mal ratgeberisch. Am heutigen Samstag endet die Reihe mit einem Vortrag von Margit Büttner. Sie verfolgt ab 11 Uhr im Linzer Katharinenhof den Gedanken des Verzichts aus biblischer Betrachtung.

"Die Menschen haben Angst vor dem Genussverlust", sagt Otten, "aber es ist ganz anders: Wir wollen zeigen, dass der Genuss mit veganen Lebensmitteln sogar steigt, und wie man so gleichzeitig die Welt verändern kann." Sie meint damit die Reduzierung von Massentierhaltung und die Einsparung von Tierfutter, das auch Menschen sättigen würde.

Nach jeder Veranstaltung gibt es vegane Häppchen. Die Resonanz auf die Woche überrascht selbst das fünfköpfige Team um Heike Otten und Pfarrer Christoph Schwaegmann: Viele Besucher fragten im Anschluss, wie es denn nun weitergehen würde - mit einem Kochkurs oder einem Stammtisch?

Sabine Oberhoff kennt die Sorgen der Fleischesser. Sie ist Käseliebhaberin und tat sich schwer, eine Alternative dazu zu finden. "Mir hat die Woche ebenfalls sehr geholfen", sagt Oberhoff. Sie befinde sich derzeit in einer Übergangsphase von einer Vegetarierin zur Veganerin und wisse jetzt, wo sie die Zutaten herbekommt. Die Bad Honneferin hilft Heike Otten bei der Zubereitung der Speisen und schwärmt: "Man muss es probieren. Darüber reden bringt nichts." Genau deshalb sei die Themenwoche auch nötig gewesen, und genau deshalb habe sie so einen Erfolg gehabt, vermuten beide.

"Es geht nicht nur darum, kein Fleisch zu essen. Im Gegenteil: Es einfach nur wegzulassen, ist eine Falle", erklärt Heike Otten. Langfristig würde dem Körper Eiweiß fehlen. Doch sogenannte "intelligente Eiweißquellen" gebe es auch abseits des Fleisches reichlich: Nüsse, Hülsenfrüchte oder Pilze seien bestens geeignet, dies zu ersetzen, so Otten.

Jeder tausendste Deutsche ist Veganer, also etwa 80.000 Bürger. Das geht aus der Nationalen Verzehrsstudie II aus dem Jahr 2008 hervor. Die Zahl dürfte in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen sein. Der Vegetarierbund Deutschland schätzt die Zahl der lebenden Veganer auf 600.000. "Es müssen noch viele Skandale in der Fleischindustrie passieren, ehe sich die Einstellung der Menschen ändert", sagt Otten. Ein Bedürfnis ist mit Blick auf die vergangene Woche offensichtlich schon jetzt vorhanden.

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