Projekt "Regionalsprache.de" Linzer Originale gesucht

LINZ · "Verschwinden die Dialekte?" Und wenn ja: "Was tritt an ihre Stelle?" Das will die Universität Marburg mit dem Projekt "Regionalsprache.de" unter anderem in Linz und den umliegenden Ortschaften untersuchen.

 Aufnahmen für den Sprachatlas: Linzer Männer der älteren und jüngeren Generation können bei dem Projekt mitmachen.

Aufnahmen für den Sprachatlas: Linzer Männer der älteren und jüngeren Generation können bei dem Projekt mitmachen.

Foto: dpa

Für das Projekt suchen die Wissenschaftler Männer der jüngeren (17 bis 25 Jahre) sowie der älteren Generation (ab 65). Voraussetzung ist, dass ihre Eltern aus Linz stammen, sie dort oder in einem Umkreis von 20 Kilometern aufgewachsen sind und in der Region die meiste Zeit ihres Lebens verbracht haben. "Wir suchen Linzer Originale", sagt Tillmann Pistor vom Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas. Das heißt aber nicht, dass die Teilnehmer unbedingt Dialekt sprechen müssen. "Wir wollen Sprachaufnahmen machen, die den tatsächlichen Sprachraum Linz repräsentieren", so Pistor.

Im Verlauf des Projekts werden Sprachaufnahmen an mehr als 150 ausgewählten Orten und mit Hilfe dreier Generationen angefertigt und verglichen. In Linz suchen die Marburger allerdings nur Vertreter junger und älterer Jahrgänge. "Die Daten der mittleren Generation bekommen wir über die Polizei-Dienststellen", erklärt der Sprachforscher.

In einer Kooperation mit dem Bundeskriminalamt werten die Mitarbeiter des Instituts die Stimmen von Polizeibeamten aus. Das Material besteht aus Mitschnitten von Notrufen. "Die Aufnahmen sind eigentlich ideal, denn man kann davon ausgehen, dass die Sprechweise in dieser Situation völlig ungekünstelt ist."

Auch im Fall der gesuchten Teilnehmer soll eine möglichst natürliche Sprachsituation geschaffen werden. "Es wäre ideal, wenn eine Person sagt, sie bringt noch einen Freund oder Verwandten für ein gemeinsames Gespräch mit", so Pistor. Die Teilnehmer bekommen außerdem eine Aufgabe, bei der sie bestimmte Sätze nachsprechen sollen. Die Region Linz wurde für das Projekt ausgesucht, weil sie in einem interessanten Übergangsgebiet liegt, wie der Marburger Sprachforscher erklärt.

"Linz liegt auf einem relativ schmalen Streifen, wo sich das Mosel-Fränkische mit der ripuarischen Dialektgruppe des Raumes Köln mischt." Zudem soll anhand der Wahl des Ortes eine Vergleichbarkeit mit einer Untersuchung hergestellt werden, die der Sprachwissenschaftler Georg Wenker bereits im 19. Jahrhundert in Linz durchführte. "Man hört immer wieder, dass die Dialekte sterben", so Pistor. "Aber das gilt nicht überall. Es ist je nach Region unterschiedlich."

Angelegt ist das Projekt der Uni Marburg auf 19 Jahre. In erster Linie dient es der Grundlagenforschung. Die Ergebnisse werden allerdings jedem zugänglich sein. Auf einer interaktiven Karte (unter www.regionalsprache.de) können die Sprachaufnahmen aus allen Regionen abgerufen werden. Eine Suchfunktion macht es möglich, die verschiedenen Aussprachen einzelner Begriffe zu vergleichen.

Dass an dem Projekt der Uni Marburg übrigens nur Männer teilnehmen können, ist ebenfalls der Vergleichbarkeit mit den vorhandenen Daten geschuldet, erklärt Pistor. "Es gibt zur Zeit eine andere Sprachuntersuchung dieser Art, die sich stattdessen nur auf Frauen konzentriert."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort