GA-Interview Hans Georg Faust will Bürgermeister von Linz werden

LINZ · Schon Ende Mai will Faust parteiübergreifend der erste Mann der Stadt sein. Reine Formsache dürfte das sein, denn: Alle Parteien stehen hinter ihm, einen Gegenkandidaten gibt es nicht. Mit ihm sprach Dennis Betzholz.

 Lebt seit drei Jahren in Linz: Hans Georg Faust.

Lebt seit drei Jahren in Linz: Hans Georg Faust.

Foto: Homann

Herr Faust, Sie leben seit drei Jahren in Linz, haben einen frischen Blick auf die Stadt. Wie ticken die Menschen hier?
Hans Georg Faust: (lacht) Die Warnungen vor dem Rheinländer sind nicht alle begründet. Aber mal im Ernst: Ich bin ja kein Berliner, kein Bayer - mir ist die Lebensart hier nicht fremd. Als Hesse muss ich nur aufpassen: Wir sind früher immer zum Mainzer Karneval gefahren. Ich sollte mich nicht mit dem Schlachtruf vertun. Das würden mir die Linzer nicht verzeihen.

Als Sie hörten, dass Adi Buchwald vergeblich einen Nachfolger sucht, haben Sie ihn um ein Treffen gebeten und ihn in nur wenigen Stunden von Ihren Qualitäten überzeugt. Nur wenige Monate später sitzen Sie hier, werden von allen Parteien getragen und vertreten den erkrankten Buchwald schon jetzt. Wie kalt ist das Wasser, in das Sie geworfen wurden?
Faust: Nicht so kalt, als dass es mich abschrecken würde. Aber natürlich muss ich viel lernen und mehr Arbeit übernehmen als üblich für einen Ersten Beigeordneten. Die Voraussetzung dafür war, dass es zu einem überparteilichen Konsens kommt. Das hat geklappt.

Weil es geklappt hat, hat Linz am 26. Mai zwei Möglichkeiten: Sie zu wählen oder Sie nicht zu wählen.
Faust: Ganz im Ernst: Ich hielte es im Sinne der Demokratie für gut, wenn sich ein Bürger bereiterklären würde, als Einzelkandidat zur Wahl anzutreten. Er braucht dafür nur 50 Unterschriften. Wahlen leben davon, dass man eine Wahl hat. Aber für das magere Angebot trage ich keine Schuld.

Was wollen Sie in Linz verändern?
Faust: Ich mag Linz sehr und ich will die Seele der Stadt mehr als bisher freilegen. Es ist viel erreicht worden in der Vergangenheit, nun will ich mit mehr Konsequenz den Weg der Altstadtveränderung beschreiten. Die Problemlage ist schnell klar, wenn man mit offenen Augen durch die Stadt läuft.

Was sehen Sie da?
Faust: Probleme, die jede Stadt an der Rheinschiene hat: der Leerstand, der Tourismus, die älterwerdende Bevölkerung, die Infrastruktur. Und Linz hat Probleme, weil es Linz ist. Nehmen wir zum Beispiel die teils fehlenden Brandschutzwände zwischen den Fachwerkhäusern. Die Stadt muss da Hilfestellung leisten. Erwarten Sie da aber keine Wunder. Wir können keine Förderprogramme auflegen. Und da wäre noch die Einkaufssituation: Wir brauchen eine seniorengerechte Umgebung, ohne die jungen Leute zu vergessen. Wir wollen ja kein Altenheim in Linz werden. Ich mag Senioren, ich bin schließlich selbst einer, aber die jungen Menschen müssen irgendwo einkaufen können. Wir müssen also die Geschäftslandschaft und deren Erreichbarkeit im Auge behalten, ohne den Tourismus, der womöglich Wert darauf legt, in der Innenstadt nicht von Autofahrern gestört zu werden, außer Acht zu lassen.

Das klingt nach der Quadratur des Kreises.
Faust: Wir müssen uns neue Konzepte überlegen. Mir schwebt eine flexible Verkehrslösung für die Innenstadt vor, die im Sommer anders ist als im Winter, und die Geschäftsleuten auch abends erlaubt, in die Innenstadt zu fahren.

Zum Schluss: Wie wichtig ist bürgerschaftliches Engagement?
Faust: Sehr wichtig. Viele Bürger beteiligen sich schon jetzt. Doch es ist übersehen worden, dass viele Ideen unabhängig voneinander wie Steine eines Mosaiks entwickelt wurden, ohne darauf zu achten, ob es sich am Ende zu einem stimmigen Linz-Bild zusammensetzt. Eben dieses Linz-Bild für die Zukunft möchte ich mit den Bürgern entwickeln.

Welche Rolle nehmen Sie bei der Zusammensetzung des Mosaiks ein? Sind Sie der Architekt?
Faust: Nein, ich versuche eine Gedankenskizze eines Bildes zu liefern, die anschaulich ist und die die Bürger vervollkommen können. Selbst an dieser Skizze sollen alle Bürger mitarbeiten können.

Zur Person

Hans Georg Faust ist am 14. März 1948 in Hofheim am Taunus geboren. Nach seinem Medizinstudium in Frankfurt am Main promovierte er und wurde später Facharzt für Anästhesiologie. In einem Krankenhaus in Bad Harzburg war Faust zunächst Leitender Arzt, später Ärztlicher Direktor. Zuletzt war er als politischer Koordinator beim AOK Bundesverband angestellt. Seine politische Laufbahn begann 1982, als er in die CDU eintrat.

14 Jahre war Faust Ratsherr der Stadt Bad Harzburg und von 2001 bis 2003 Mitglied des Kreistages des Landkreises Goslar. Von 1998 bis 2009 war er Mitglied des Deutschen Bundestages und in seiner dritten Legislaturperiode stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit. Faust lebt seit drei Jahren mit seiner Lebensgefährtin in Linz, seit elf Jahren ist er in Linz regelmäßig zu Besuch. Er hat einen Sohn.

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