Margot Käßmann zu Besuch in Windhagen "Eine Bereicherung für unsere Gesellschaft"

WINDHAGEN · Vollbesetzt war das Windhagener Forum. Das lag nicht in erster Linie daran, dass die beiden Vorstände der Raiffeisenbank Neustadt-Wied, Konrad Breul und Martin Leis, dorthin zu Neuwahlen der Vertreterversammlung eingeladen hatten, um die jüngsten Bilanzen der Bank zu präsentieren.

 Konrad Breul (r.) und Martin Leis begrüßen Margot Käßmann im vollbesetzten Forum von Windhagen.

Konrad Breul (r.) und Martin Leis begrüßen Margot Käßmann im vollbesetzten Forum von Windhagen.

Foto: HORST-DIETER KÜSTERS

Erfahren wollten die Besucher vielmehr von der Gastrednerin Margot Käßmann, der früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD), "Was wirklich zählt". Und das sind für die renommierte Theologin "christliche Werte in unserer Gesellschaft".

"Wenn wir über christliche Werte reden, müssen wir auch über die Zehn Gebote sprechen", so Käßmann. Verstöße gegen Nummer fünf, sieben und acht, Mord, Diebstahl und Verleumdung, werden von der Justiz geahndet. "Die Forderung, den Sonntag den Werktagen gleichzumachen, würde nicht nur gegen das dritte Gebot verstoßen. Eine solche Entwicklung wäre fatal, weil niemand mehr zur Ruhe käme", so die Botschafterin der EKD für das Lutherjahr 2017. Das vierte Gebot "Du sollst Vater und Mutter ehren" verweise auf den Respekt, den man nicht nur den Eltern, sondern der gesamten älteren Generation entgegenbringen sollte.

Die Wachstumsideologie mit ihrer Gier nach Besitz mache nicht frei und ein eingängiger Werbeslogan wie "Geiz ist geil" schaffe eine Mentalität, in der etwas Negatives positiv umgedeutet würde, monierte die Gastrednerin. Es sei ein Irrtum, zu glauben, dass Wachstum immer nur mehr Geld, mehr Verbrauch, mehr Konsum bedeute. "All das, was uns wirklich im Leben wichtig ist - Liebe, Glück, Vertrauen, Freundschaft, Familie -, ist eben nicht käuflich", hob die Theologin hervor.

Nächstenliebe stand im Vordergrund

Der wesentlichste christliche Wert, die Nächstenliebe, stehe angesichts der aktuellen Flüchtlingssituation besonders im Blickpunkt. "Die Asylsuchenden sind in Deutschland willkommen, weil wir wollen, dass auch sie in Frieden und Sicherheit leben können und weil sie eine Bereicherung für unsere Gesellschaft sind", betonte Käßmann. Pegida-Demonstranten könnten nicht das christliche Abendland verteidigen, weil sie christliche Werte missachteten. "Begegnung ist für mich das Schlüsselwort, weil ohne diese keine Horizonterweiterung möglich ist", hatte die Ex-Bischöfin in einem Pressegespräch zusammen mit Bereichsleiter Dirk Asbeck zuvor hervorgehoben. Fremdenfeindlichkeit basiere zumeist auf der Angst von Menschen, die dem Fremden noch nicht begegnet seien.

Die Integration der oft traumatisierten Asylsuchenden sei eine Riesenherausforderung, die nicht nur von Hauptamtlichen gestemmt werden könne. "Hier sind wir alle gefragt, unsere individuellen Kompetenzen ehrenamtlich einzusetzen", mahnte Käßmann. Auch wenn die Flüchtlingsfrage natürlich im Focus stehe, dürfe man darüber aber die übrigen Problemfelder wie etwa die Sterbehilfe oder die Pränatale Diagnostik nicht aus den Augen verlieren, forderte sie.

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