Lana Del Rey in Düsseldorf Göttin auf dem Sunset Boulevard

Düsseldorf · Sexgöttin. Lolita bellissima. Königin der Vamps. Sie ist all das, und doch ist sie mehr als das. Viel mehr. Wer den Songs von Lana Del Rey lauscht, diesen somnambulen, trunkenen, lasziven Balladen von geradezu gravitätischer Eleganz, der kann sich mühelos in einem Tagtraum wiederfinden.

 Blumenmädchen: Lana Del Rey im Düsseldorfer Konzert.

Blumenmädchen: Lana Del Rey im Düsseldorfer Konzert.

Foto: Thomas Brill

Und da ist sie plötzlich. Die Femme fatale trägt einen exquisiten Hut von Givenchy, sie lenkt einen schneeweißen Auburn Speedster über den Sunset Boulevard. In ihrer Sonnenbrille spiegeln sich die Palmenkronen, und ihre blutrot geschminkten Lippen sind zu einem unheilvollen Lächeln geformt. Aus der Handtasche auf dem Beifahrersitz lugen ein fast geleerter Edelstahl-Flachmann und der chromglänzende Lauf einer Automatic hervor.

Lana Del Rey selbst beschreibt ihren musikalischen Stil als "Hollywood Sadcore". Ihr Hollywood ist allerdings nicht das von Doris Day und Rock Hudson, es ist das genaue Gegenteil. Die Abgründe der Traumfabrik, die Schattenseiten des Glamour. Die Underground-Ikone Kenneth Anger brachte 1959 das Skandalbuch "Hollywood Babylon" heraus. Lana Del Rey würde gut dort hinein- passen. Und in die Zeit sowieso.

Das Konzert in der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle ist ausverkauft, und die 7000 Zuschauer werden während des 80-minütigen Sets geradezu elektrisiert. Die 26-Jährige erscheint in einem kurzen, weißen Brautkleidchen. Mehrere Bühnenventilatoren lassen ihre langen dunkelbraunen Haare wehen, ebenso das Kleid, und ermöglichen so einen Blick auf ihre makellosen Beine.

"My pussy tastes like Pepsi Cola", säuselt die Sängerin zum Auftakt ins Mikrofon. Dieser süffige Song namens "Cola" (von der Paradise Edition ihres Albums "Born To Die") ist nicht nur ein Beispiel für die in ihren Liedtexten regelmäßig protokollierte Vorliebe für ältere Männer, sondern auch für den zweiten Hauptschauplatz ihrer Storys: neben den morbiden Hollywood-Villen mit dunklen Geheimnissen sind dies die Landstraßen mit angegrauten Motorradrockern, mit schäbigen Motels inklusive fleckiger Bettlaken, leeren Whiskeyflaschen und kaputten Fernsehern.

Besonders umjubelt werden "Blue Jeans", der große Hit "Video Games" und insbesondere "Summertime Sadness", das nahezu 7000 Kehlen mitsingen. Ihr schönster und wehmütigster Song ist auch dabei: "Ride".

Die Bühne erinnert an einen edlen kalifornischen Nachtklub mit Art-Déco-Interieur, Palmen und Bronzelöwen. Lana Del Reys Interpretation von "Blue Velvet" ist ein einziger Hochgenuss, ebenso der "Million Dollar Man". Spätestens mit dieser Performance hat sie allen Spöttern endgültig das Maul gestopft, die ihre Sangesqualitäten in Frage stellten. "You're fucking amazing. You're electric", findet Miss Del Rey lobende Worte für das enthusiastische Publikum.

Nach dem letzten Song ("National Anthem") bleibt sie noch ausgiebig im Graben und schreibt Autogramme, lässt sich mit den Fans fotografieren, küsst und wird geküsst. Schließlich entschwindet sie lächelnd. Die Göttin ist fort. Was bleibt, ist nur ein Traum.

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