Jack DeJohnette Trio in der Kölner Philharmonie Wenn der Boss im Ring wirbelt

KÖLN · Schon der Einstieg ist eine Herausforderung: Hingetupfte Becken-Klänge, unvermittelt und impulsiv gesetzte, knappe Saxofon-Sequenzen, das Wummern des verzerrten E-Basses.

Dann spannt das Schlagzeug ein filigranes Gitter aus, in dem sich die wuchtigen Klangflächen und funkigen Läufe des Basses ausbreiten und das Saxofon zusehends ausführlicher seine Melodiebögen zelebriert. Jack DeJohnette wird beim Konzert seines Trios in der Kölner Philharmonie dieses etwas sperrige Stück später als "spartanische Komposition" bezeichnen. Das ist so etwas wie ein geheimes Motto für diesen außergewöhnlichen Abend, der musikalisches Experiment und Zeitreise in die Jazzgeschichte in einem war.

DeJohnette (72), einer der ganz großen Schlagzeuger, der schon mit John Coltrane, Miles Davis und vielen weiteren Helden des Jazz zusammengespielt hat, kam mit seinen Trio-Partnern der zweiten Generation, dem wunderbaren Saxofonisten Ravi Coltrane (49), Sohn der Jazz-Legende John Coltrane, und dem Bassisten Matt Garrison (44), Sohn von Coltranes Bassist Jimmy Garrison. Dass die beiden Jungen beim Schlussapplaus DeJohnette wie einen Papa innig umarmten, zeigte die auch hörbare Verbundenheit des Trios, das seit einem Konzert im Brooklyn Museum vor 20 Jahren zusammenspielt.

In Köln servierten die Drei eine Mischung aus Eigenkompositionen, Stücken von Miles Davis, John Coltrane und Joe Henderson, wobei die Emanzipation von den Heroen und die freie Improvisation im Vordergrund standen. Schon zu Beginn spürte man, wie DeJohnette sein Schlagzeugspiel versteht: nicht als dienende, zurückhaltende Grundierung und Metronom für die Mitspieler, sondern als eigenständiges, mitunter tonangebendes Instrument. Immer wieder zeigte der 72-Jährige mit imposanten, wirbelnden Soli, wer der Boss im Ring ist. Dagegen konnten Coltranes wütende Attacken und Garrisons Riffs kaum ankommen.

Ganz anders das Bild bei einer herrlichen Adaption von Miles Davis' "Blue In Green" vom legendären Album "Kind Of Blue", bei der man DeJohnette als unglaublich feinfühligen Pianisten erleben konnte und insbesondere Coltrane zum Niederknien schön assistierte. Der Höhepunkt eines Konzertes, das nach der Pause erheblich gelichtete Reihen erlebte.

Rund die Hälfte des Publikums war nach den ersten Durchgang bedient und ging. Das Trio ließ sich nicht beirren, zauberte, improvisierte und experimentierte sich unter dem Jubel der Hardcore-Fans weiter durch den Abend, präsentierte zarte Balladen und ruppige, fast rockige Stücke im Up Tempo. Die Übriggebliebenen im Halbrund der Philharmonie feierten das anspruchsvolle Konzert des Jack DeJohnette Trios mit Applaus im Stehen.

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