Kölner Acht-Brücken-Festival Wenn Musik politisch wird

Köln · Wenn die New Yorker und Wiener Philharmoniker zum Kölner Neue-Musik-Festival "Acht Brücken" reisen, darf man sicher sein, dass auch diese Traditionsorchester ganz frische Ware dabei haben werden.

 Das New York Philharmonic kommt mit seinem Chefdirigenten Alan Gilbert nach Köln.

Das New York Philharmonic kommt mit seinem Chefdirigenten Alan Gilbert nach Köln.

Foto: NYP

Wie Kölns Philharmonie-Intendant und Festival-Chef Louwrens Langevoort gestern bei der Programmvorstellung der fünften Ausgabe des MusikTriennale-Nachfolgers verkündete, werden die New Yorker am 1. Mai unter Leitung von Alan Gilbert den nagelneuen Operneinakter "Senza Sangue" von Peter Eötvös uraufführen (mit Anne Sofie von Otter und Russell Braun als Gesangssolisten). Die Wiener folgen ein paar Tage später, am 6. Mai, mit Olga Neuwirths "Masao / Clocks Without Hands". Daniel Harding dirigiert die Uraufführung, der sich noch Mahlers "Lied von der Erde" mit Klaus Florian Vogt und Matthias Goerne anschließt. In beiden Uraufführungen firmiert Köln-Musik als Mitauftraggeber.

Das Festivalmotto lautet in diesem Jahr "Musik. Politik?". Ein aktuelles Thema, findet Kölns Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach. Es sei "inzwischen schon so trefflich, dass es betroffen macht". Laugwitz-Aulbach unterstrich zugleich, dass Köln zu dem Festival stehe. "Das möchten wir auch in Zukunft."

Für die Wechselwirkung zwischen Politik und Musik versicherte Langevoort sich zunächst des griechischen Philosophen Platon als Kronzeugen: "Nirgends wird an den Gesetzen der Musik gerüttelt, ohne dass auch die höchsten Gesetze des Staates ins Wanken geraten", lautet eine berühmte Passage aus seiner Schrift "Der Staat". Mit dem Zitat führte er freilich auch elegant den niederländischen Komponisten Lous Andriessen ein, dessen Werke in diesem Jahr im Zentrum des Festivals stehen werden. Darunter auch die (Teil-)Vertonung von "De Staat", wie Platons "Politeia" in der niederländischen Übersetzung heißt. Das Ensemble Modern Orchestra führt das Werk unter der Leitung von Ingo Metzmacher am 4. Mai in der Philharmonie auf. Langevoort hob hervor, dass der heute 75-jährige Andriessen in den 50er und 60er Jahren politisch und künstlerisch sozialisiert worden sei. Seine Kunst verleugnet das nicht.

Spannend ist das Projekt "Hymne für ein nicht existierendes Land", an dem sich zehn internationale Komponisten mit Beiträgen für unterschiedliche Besetzung und höchstens zehn Minuten Dauer beteiligt haben. Aufgeführt werden sie über das gesamte Festival verteilt, das vom 30. April bis zum 10. Mai dauert.

Zu den wichtigsten Förderern des Festivals zählen die Kunststiftung NRW, die unter anderem am 10. Mai den mit 50.000 Euro doterten Maurizio-Kagel-Preis an die Komponistin Rebecca Saunders verleiht, und der WDR. Der Kölner Sender ist mit den eigenen Klangkörpern vertreten und überträgt eine Vielzahl der Konzerte. An eine Reduzierung des Engagements denke man trotz der aktuellen Einsparungen beim Sender nicht, sagte WDR-3-Musikchef Werner Wittersheim.

Wie immer ist das Festival nicht auf die Philharmonie beschränkt, sondern beizieht zahlreiche andere Veranstaltungsorte wie die Musikhochschule mit ein. Mit einem Festivalpass und zahlreichen kostenlosen Angeboten will das Festival dezidiert einheimisches Publikum gewinnen.

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