Philharmonie in Köln Weihnachtsoratorium mit dem Orchester Concerto con anima

KÖLN · Parsifal" zu Ostern, "Dinner for one" zu Silvester, das Neujahrskonzert - festgefügte Erlebnisrituale. Zu ihnen gehört auch Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium, obwohl längst ruchbar geworden ist, dass eigentlich nur der Text die traditionelle Zeitwahl der Aufführungen legitimiert.

 Glockenreiner Gesang: Mojca Erdmann und Thomas Neuhoff bei der Probe.

Glockenreiner Gesang: Mojca Erdmann und Thomas Neuhoff bei der Probe.

Foto: Thomas Brill

Die musikalischen Inhalte von BWV 248, diesem "vermutlich populärsten Recyclingprodukt der Musikgeschichte" (Programmheft des veranstaltenden Kölner Bach-Vereins), dienten zuvor nämlich ganz und gar weltlichen Anlässen. Meist waren die Kompositionen pompöse Gratulationen zu herrscherlichen Feiern.

Die Umwandlung einer "Wollust"-Arie (in Kantate BWV 213) zum Wiegenlied Mariens setzt diesem sogenannten Parodie-Verfahren die Krone auf. Doch Musik kennt eben auch die Macht der Verwandlung. So empfindet man heute das Weihnachtsoratorium als ein in sich stimmiges Werk.

Die Wiedergabe (aller sechs Kantaten) durch den Chor des Bach-Vereins und das Orchester Concerto con anima unter Thomas Neuhoff in der Kölner Philharmonie beglaubigte dies nicht etwa durch Pathos oder weihevollen Ausdruck. Das wäre im Zeitalter von historischer Aufführungspraxis auch kaum zu rechtfertigen.

Aber es entsprach wohl auch dem persönlichen Impuls des Dirigenten, dass er frische Tempi wählte und den wirklich ausgezeichneten Chor das Bach-Werk schlank, dynamisch differenziert und rhetorisch lebendig singen ließ. Unter Neuhoff erklang die Musik nachgerade elegant, das "Jauchzet, frohlocket" erhielt sogar Impulse à la valse.

Bei alledem blieb Neuhoff darauf bedacht, die Sänger tempomäßig nicht zu überfordern. Bei der Arie "Schlafe, mein Liebster" unterstützte er die lyrisch sensible Ingeborg Danz sogar dadurch, dass er vor den extrem lang gehaltenen Tönen die Atempausen durch ein kurzes Ritenuto leicht dehnte.

Den Bariton Frederik Schauhoff (22) konnte er freilich nur verbal unterstützen, indem er einleitend die heiklen Umstände von dessen kurzfristigem Einspringen darlegte. Der junge Gesangsstudent bestand seine Mutprobe beachtlich.

Den Tenorpart hatte der sehr textprononcierte und vokal geschmeidige Simon Bode inne. Mojca Erdmann fand nach kurzem Aufwärmen zu dem glockenreinen Gesang, wie man ihn von ihr kennt.

Die Leistung des Chors (besonders in den führenden Sopran- und Tenorgruppen) war untadelig und animierend, das Orchester machte seinem Ruf alle Ehre, auch bei den vielen Soloparts.

Der rundum beglückende Abend fand begeisterten Beifall: Jauchzet, frohlocket.

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