Al Jarreau in Düsseldorf Ton- und Silbenkünstler

Düsseldorf · Sie lieben ihn. Und wie sie ihn lieben. Sobald Al Jarreau die Bühne betritt, kennt der Jubel keine Grenzen mehr. Die Menschen in der ausverkauften Tonhalle johlen und brüllen und klatschen - und alle, wirklich alle, springen von ihren Plätzen auf.

Das, was da so enthusiastisch gewürdigt wird, ist eine Karriere, die ihresgleichen sucht. Vor 40 Jahren erschien Jarreaus erstes Album "We Got By", mit der Live-Version von Dave Brubecks Klassiker "Take Five" gelang dem Künstler, der inzwischen sieben Grammys sein Eigen nennen kann, der Durchbruch. Zugleich wird hier ein Mensch beglückwünscht, den das "Time Magazine" den "größten lebenden Jazzsänger" nannte. Im März ist Al Jarreau 75 geworden.

Wer Dienstagabend in Düsseldorf dabei sein durfte, konnte sich glücklich schätzen. Zwei Stunden lang. Mit seinen fünf Musikern gibt der hochgewachsene Mann mit dem weißen Jackett alles. Auf dem Kopf trägt er die Baskenmütze, die für ihn so typisch ist, und im Gesicht ein Lächeln, das zu sagen scheint: "Ich möchte die ganze Welt umarmen." Jarreau ist viel mehr als ein Sänger. Er ist ein Ton-, Wort- und Silbenkünstler. Ein Entertainer, ein Poet und ein Clown. Einer, der viel Humor besitzt, viel Weisheit und noch viel mehr Herzenswärme. Wenn er scattet und mit Lauten malt, sie zerschnalzt, zerdehnt und völlig neu zusammenfügt, dann meint man das, was man da hört, nie vorher gehört zu haben.

Die Setlist dieses Abends gleicht einem "Best of" all dessen, was einer von Jarreaus Format leisten kann: "Your Song", "Mornin'" und "Easy", das seinem verstorbenen Weggefährten George Duke gewidmete "My Old Friend" ("Er war so ein wundervoller, wundervoller Mensch"), das Thema der TV-Serie "Moonlightning" ("Das Model und der Schnüffler") oder "We're In This Love Together". Und - natürlich unverzichtbar - "Take Five". Unter der Kuppel dessen, was Jarreau "The Planetarium" nennt, ist das eine über zehnminütige improvisatorische Offenbarung. Zu diesem Zeitpunkt stehen sie alle. Wieder und wieder. Und können es nicht mehr fassen. Ja, sie lieben ihn. Sie lieben ihn tatsächlich. Und wünschen ihm nur das Allerbeste. Besonders dann, wenn klar wird, welche Mühe es ihm macht, seine Beine zu bewegen, und er immer wieder Hilfe in Anspruch nehmen muss. Der Mann ist auch sehr, sehr tapfer.

Statt sich zurückzuziehen, stimmt er im Zugabenteil lieber ein optimistisches "Day-Oooooo" an. In das das Publikum nur zu gerne einstimmt. Und dabei mit Sicherheit auch an Harry Belfafonte denkt. Zu diesem Zeitpunkt ist das Konzert schon längst kein Konzert mehr. Sondern eine Party mit karibischem Flair. Davon ausgenommen ist niemand. "The Planetarium" ist plötzlich tanzbar geworden.

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