"Kultur im Gewölbe" Ohne Show und Schnörkel

SINZIG · Einst fand ein armer Junge im Schnee einen goldenen Schlüssel und schließlich das passende Kästchen. Was mochte darin verborgen sein? Mit diesem Grimms-Märchen hatte Angelika Krohne für den Erzählabend "Winterimpressionen" der Reihe "Kultur im Gewölbe" im Zehnthof einen trefflichen Türöffner gewählt.

 Qualität pur: Das Trio bei "Kultur im Gewölbe."

Qualität pur: Das Trio bei "Kultur im Gewölbe."

Foto: Martin Gausmann

Cellistin Monika Recker-Johnson und Pianist Holger Queck schickten ihm geheimnisvoll-schwebende Klänge von Adam Hurst hinterher. Meist aber öffneten sie den Stationen der bezaubernden Reise durch Eis, Schnee und Winterlandschaften einen Resonanzraum mit Charakterstücken russischer Komponisten und wussten manche Szene frei improvisierend zu untermalen.

Einmal aufgeschlossen, quoll das Schatzkästlein der Märchen an Lebensweisheiten über. Einem Trunkenbold gelingt es, die Heiligen im Himmel zu überlisten. Ein Talglicht, das dem Wachslicht sein nobles Umfeld neidet, erkennt in den glänzenden Augen eines armen Mädchens, dass es eine ebenso gute Stellung in der Welt einnimmt.

Und "Väterchen Frost" macht dem Jungfrost klar, dass Bauern keine leichten Opfer sind. Je verbissener der Junior dem Bauern zusetzt, umso heftiger fällt der schwitzend die Birken, was musikalisch Dimitri Kabalewskis "Frühgymnastik" durch brausende Aufgänge und viele Tempowechsel wie beim Sport aufgriff.

Ebenso kamen die Gäste in den bitter-süßen Genuss von Christian Andersens armen Mädchen mit den Schwefelhölzern, das bei beißender Kälte barfuß durch die Stadt läuft, bis wärmende Visionen das Kind mit der verstorbenen Großmutter vereinen.

Besonders faszinierte indes "Die Skelettfrau". In gemessener Betonung stieß Krohne mit dieser Erzählung in die harte Welt der Eskimos vor und offenbarte, was die Liebe vermag. Die Überreste des Mädchens, vom Vater zur Strafe ins Eismeer gestoßen, folgen einem Fischer bis ins Iglu.

Erst fürchtet er sich, dann erbarmt er sich und ordnet das wirre Gebein. Sie aber trinkt, während er schläft, seine Träne und ertrommelt sich von seinem Herzen Fleisch, Haut und Haare. Zuletzt schmiegt sie sich warm und lebendig an seine Seite.

Leben und Tod, Glück, Gefahr und die Chance, das Schicksal zu gestalten, ließ das kongeniale Künstler-Trio berührend aufscheinen. Ohne Show und Schnörkel wurde Qualität pur geboten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Neue Musik zwischen Wohnwagen
Beethoven Orchester im BaseCamp Neue Musik zwischen Wohnwagen
Zum Thema
Aus dem Ressort