Simone Kermes in der Kölner Philharmonie Musik wie glühende Lava

KÖLN · Barockgesang hat in Köln derzeit Konjunktur. Vor einem Monat gab sich Cecilia Bartoli die Ehre, am heutigen Donnerstag wird noch einmal "Atarserse" von Leonardo Vinci in der "Oper am Dom" gegeben, und am ersten Weihnachtsfeiertag kürten die Besucher der Philharmonie Simone Kermes zu einem neuen Publikumsliebling.

Die Sopranistin ist ein ähnliches Temperamentsbündel wie Cecilia Bartoli und versteht es wie diese, sich aufreizend in Szene zu setzen. Von Anfang an vibrierte ihr ganzer Körper, man meinte zu spüren, dass glühende Lava kurz vor dem Ausbruch stand. "Lava" heißt wohl auch nicht von ungefähr eine von Simone Kermes? CD-Recitals. Simone Kermes möchte nicht alleine mit ihrer Stimme gefordert sein möchte, sondern in ihrer körperlichen Totalität.

Das abschließende "Lascio ch'io pianga" von Händel, in einem mindestens fünffachen, narkotischen Pianissimo ausgehaucht, wies den Rang von Simone Kermes makellos nach. Zuvor hatte man darüber zu urteilen, ob die ständigen Disco-Bewegungen der Sängerin Geschmacksgrenzen nicht doch etwas zu sehr dehnten.

Die Stimme von Simone Kermes könnte man als lyrisch grundierten Koloratursopran mit der Fähigkeit zu dramatischer Attacke umschreiben. Das virile Timbre kommt den Affekten des Barockgesangs zugute, wo sich melodische Innigkeit, emotional feurige Tonsprünge und niederschmetternder Koloratur-Furor zu einem vokalen Eruptionsstrom vereinigen. Das macht Simone Kermes derzeit wohl so schnell keine Sängerin nach (außer Cecilia Bartoli). Die Arien aus Opern Antonio Vivaldis boten jedenfalls vokales Feuerwerk, welches förmlich niederstreckte.

Das Barockorchester "La Folia", welches in dieser Saison eine Vielzahl von Debüts absolviert (wie jetzt auch in der Philharmonie) bot den stilistisch adäquaten Rahmen für Simone Kermes, ohne mit der Siedehitze der Sängerin immer restlos korrespondieren zu können. Doch dürfte nach Hören der Instrumentalnummern aus der Feder von Vivaldi, Telemann und Geminiani unzweifelhaft sein, dass mit dem 2007 in Mannheim von Robin Peter Müller gegründeten Originalklang-Ensemble künftig zu rechnen ist.

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