Kölner Oper Markus Stenz verabschiedet sich mit einem schwachen "Freischütz"

KÖLN · Bring Farbe in dein Leben!", lautet der Werbespruch eines Paintball-Anbieters in der Region. Oder auch doppeldeutig: "Man trifft sich."

 Gefährtinnen: Agathe (Claudia Rohrbach) und Ännchen (Gloria Rehm).

Gefährtinnen: Agathe (Claudia Rohrbach) und Ännchen (Gloria Rehm).

Foto: Bernd Uhlig

Schon bald nach der Ouvertüre aus Carl Maria von Webers Oper "Der Freischütz", die am Samstag in der Kölner "Oper am Dom" Premiere hatte, drängt sich der Verdacht auf, dass der lettische Regisseur Viestur Kairish für seine zweite Regiearbeit in Deutschland möglicherweise bei diesem Etablissement vorbeigeschaut hätte, um sich ein wenig inspirieren zu lassen: Die in zwei Mannschaften aufgeteilten Landleute ballern auf der Bühne herum, dass die Farbkugeln nur so gegen die umgeworfenen Tischplatten klatschen.

Nur einer trifft nicht, und das ist Max, dessen Bewerbung um die Braut Agathe und die mit dieser Liaison verknüpfte Aussicht auf die Erbförsterei durch die Fehlschüsse gefährdet ist. Ziemlich schrill und ziemlich bunt geht es in dieser vom Publikum gnadenlos ausgebuhten Inszenierung zu. Sie spielt in einer comicartig stilisierten Welt, in der die Männer zur Jagd gehen (beziehungsweise dem Paintball-Spiel fröhnen), während die in Barbie-Rosa gekleideten Frauen als Heimchen am Herd brav zu Hause bleiben.

Jede der fünf exemplarischen Wohnungen wurde von Bühnen- und Kostümbildnerin Ieve Jurjane identisch ausgestattet: Waschmaschine, Herd, weiße Couch. Es ist beileibe nicht der erste Versuch, Webers Klassiker mit den Mitteln des Comic beizukommen. Auch Andreas Homokis vor 17 Jahren in Köln produzierter "Freischütz" ging in diese Richtung.

Doch im aktuellen Fall verharren die Figuren in dieser Sphäre, bleiben Leichtgewichte in einer Handlung, die durchaus existenzielle Fragen des menschlichen Daseins wendet. So spielt Kairishs Agathe in Vorfreude auf den Stand der Ehe schon mal ein paar Kamasutraübungen durch - mit Ännchen als Bräutigamersatz.

Aber der Regie gelingt es nicht, auch ihre Angst um Max in Bilder zu übersetzen. Diese Furcht schwingt nur musikalisch in der von Claudia Rohrbach anrührend gesungenen Arie "Leise, leise, fromme Weise" mit. Dass der in Clownsmaske daherkommende Samiel vor Beginn der Wolfsschluchtszene minutenlang bei geschlossenem Vorhang zu Waldkauz-Rufen durch die Reihen des Publikums wandert, erscheint als wenig originelle Überbrückung der Umbaupause, die im provisorischen Zeltbau zwangsläufig länger ausfallen muss.

Wenn der Vorhang sich wieder öffnet, erblickt man eine finstere Waldlandschaft, die ein bisschen Herr-der-Ringe-Atmosphäre herüberbringt. Und mitten im Gehölz steht ein drahtiger Samiel (Renato Schuch), der nichts außer einer roten Perücke und roten Krawatte trägt. Doch bleibt die Szene trotz Feuerzaubers, Freikugelgießens und sich bald stark vermehrender Samiel-Clowns seltsam spannungsarm. Das Gürzenich-Orchester ist daran nicht ganz unschuldig.

Bei seiner letzten Kölner Opernpremiere hätte Kölns scheidender Generalmusikdirektor Markus Stenz schon mehr Leidenschaft walten lassen können. Selbst unter Berücksichtigung der akustischen Unzulänglichkeiten des Hauses blieb der Klang seltsam unkonturiert und farblos.

Das Cello-Solo in Ännchens Romanze wirkte, als sei es am Premierenabend zum ersten Mal in dem von Stenz vorgegebenen raschen Tempo gespielt worden. Gloria Rehm sang ihren Part gleichwohl souverän mit leichtem Soubrettenton. Oliver Zwar malte den Kaspar mit wirkungsvoller Bassstimme in dämonischen Farben.

Den Max sang Andreas Schager mit heller Tenorstimme, der es aber ein wenig an Durchschlagskraft mangelte. Paul Armin Edelmann (Ottokar), Dirk Aleschus (Cuno), Martin Koch (Kilian) und Young Doo Park (Eremit) ergänzten das Ensemble überzeugend. Als Brautjungfern mit Samiel'schen Clownsnasen traten Aoife Miskelly, Erika Simons, Ji-Hyun An und Anna Herbst in Erscheinung. Der Chor (Einstudierung Andrew Ollivant) war nicht immer klanglich so präsent, wie es wünschenswert wäre.

Info

Nächste Vorstellungen: 15., 19., 21., 24. und 27. April. Karten in den Bonnticketshops oder den GA-Zweigstellen.

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