Gerhard Meerweins Sammlung im Arp Museum Leidenschaft für Papier

Rolandseck · Fast 40 Jahre lang habe er heimlich gesammelt. Da sei es höchst ungewohnt, damit auf einmal "an die Oberfläche" zu kommen, gibt Gerhrad Meerwein zu. Von der Oberfläche gibt es nun kein Zurück mehr, denn Meerwein, der seit 1976 eine einzigartige Kunstsammlung aufgebaut hat, gibt diese anlässlich seines 70. Geburtstages als Schenkung in die Hände des Arp Museums.

 Hängung wie in Meerweins Wohnzimmer: Blick in die Ausstellung des Arp-Museums.

Hängung wie in Meerweins Wohnzimmer: Blick in die Ausstellung des Arp-Museums.

Foto: Franz Fischer

SÜber 350 Papierarbeiten in einem erweiterten Sinne umfasst diese Sammlung, deren Schwerpunkt auf unterschiedlichen Collagetechniken seit dem Zweiten Weltkrieg liegt. Er habe nie unter dem Aspekt der Gewinnmaximierung oder Spekulation gesammelt und wollte die Arbeiten auf keinen Fall wieder in den Markt einschleusen, erzählt der Sammler.

Da er keine direkten Erben habe, sei er auf die Suche nach einer geeigneten Institution für seine Sammlung gegangen. Dass das Arp Museum schließlich den Zuschlag bekommen hat, liegt nicht zuletzt an der inhaltlichen Verbindung der Meerwein'schen Sammlung mit den Hauspatronen des Museums Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp.

Als Dadaisten nutzten sie gezielt das Stilmittel der Collage, bei dem wesensfremde Realitäten aufeinandertreffen und dabei einen Funken Poesie überspringen lassen, wie Max Ernst es formulierte. Ihn fasziniere an der Collage, dass in ihr sowohl Aspekte des Skizzenhaften als auch des ausgereiften Werkes vertreten seien, sagt Gerhard Meerwein, der selbst an der Werkkunstschule Mainz Innenarchitektur studierte und von 1974 bis 2009 an der Hochschule Mainz als Professor im Fachbereich Gestaltung unterrichtete.

"Auch in der Innenarchitektur ist die Material- und Farbcollage ein wesentliches Präsentationsmittel und vermittelt das angestrebte Raummilieu." Initialzündung für die Sammlung sei der Kauf des "Schmetterlingskastens" gewesen, einer Collage des tschechischen Künstlers Jirí Kolár (1914-2002), der in Meerweins Sammlung prominent vertreten ist. Damals habe er noch nicht an den Aufbau einer Sammlung gedacht, sondern nur zum "persönlichen Vergnügen" gesammelt, sagt Meerwein.

Im Laufe der Jahre füllten sich die Wände der Mainzer Altbauwohnung mit weiteren Collagen sowie einer Spezialbibliothek zum Thema mit knapp 1100 Titeln, die nun ebenfalls dem Arp Museum zugutekommt. Jetzt wird der museale Neuzugang erstmals, zumindest teilweise, der Öffentlichkeit vorgestellt. Dafür wurde Gastkurator Arne Reimann gebeten, sich mit dem Konvolut zu beschäftigen und eine stimmige Präsentation zu erarbeiten.

Das ist bestens gelungen, zumal Reimann die Collagen nicht nur thematisch geordnet zeigt, sondern in der Präsentation auch der Persönlichkeit des Sammlers respektvoll Raum gibt. Mehrfach sind die Arbeiten in der Ausstellung genauso gehängt worden wie Meerwein dies in seiner Wohnung getan hat. Vier Gruppen hat Arne Reimann aus dem gesamten Collagen-Konvolut herausgesiebt: Die Themen Architektur mit Farbe und Raum, das Spannungsfeld zwischen Text und Bild, verschiedene fotografische Techniken und schließlich die Collage als Bildkritik.

Neben weniger bekannten Künstlernamen sind auch etliche populäre Vertreter dabei wie Max Ernst, El Lissitzky, Joseph Beuys, Imi Knoebel, Marcel Odenbach, Wolf Vostell oder Timm Ulrichs. Aufmerksamkeit heischendes Namedropping steht dabei aber nicht im Vordergrund, denn alle Arbeiten reihen sich bescheiden in diese so sorgsam zusammengetragene Sammlung ein.

Oftmals wirken Collagen wie ein besonders persönlicher Ausdruck des künstlerischen Schaffens. Diese Intimität zwischen Künstler und Betrachter in der Ausstellung erfahrbar zu machen, ist ihr sympathischer Verdienst. Man darf sich auf weitere Präsentationen freuen.

Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Hans-Arp-Allee 1, Remagen, bis 3. Januar 2016. Di-So und an Feiertagen 11-18 Uhr, Katalog. Kuratorenführung mit Arne Reimann am 30. August um 15 Uhr; Sammlerführung mit Gerhard Meerwein am 17. Oktober um 11.30 Uhr.

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