Interview mit Birgit Meyer Kölner Opernchefin zieht positive Zwischenbilanz

Köln · Birgit Meyer leitet seit 1. September 2012 die Kölner Oper. Über die bisherigen Erfahrungen und künftigen Aufgaben als Intendantin sprach sie mit Hartmut Wilmes.

 Birgit Meyer: "Ich habe meine Zwischenziele erreicht."

Birgit Meyer: "Ich habe meine Zwischenziele erreicht."

Foto: Gauger

Die Oper hatte in der ersten Saisonhälfte ein Plus von mehr als 12.000 Besuchern gegenüber dem Vorjahrszeitraum, das entspricht 22 Prozent. Hatten Sie damit gerechnet?
Birgit Meyer: Nein. Das erklärte Ziel war ja, nach den Turbulenzen des Sommers einen Einbruch zu vermeiden. Ich wollte immer an jene Erfolge anknüpfen, die wir hier bereits in den ersten drei Jahren erreicht haben. Dass in dieser Situation sogar noch ein solcher Besucherzuwachs gelang, freut mich natürlich sehr.

War das ein Selbstläufer?
Meyer: Zunächst spricht es dafür, dass meine kurzfristigen Entscheidungen richtig waren und sich die Güte der Produktionen schnell herumgesprochen hat.

Wobei für "My Fair Lady" ja sehr viele Vorstellungen angesetzt waren...
Meyer: Ja, wir haben zahlreiche Marketingmaßnahmen ergriffen. So waren wir an sehr viel mehr Vorverkaufsstellen vertreten und konnten viele auswärtige Besucher begrüßen, etwa aus Belgien, den Niederlanden, Großbritannien und Frankreich. So haben wir auch neues Publikum gewonnen.

Inwiefern ist das eigentlich noch Uwe Eric Laufenbergs oder schon Ihre Saison?
Meyer: Wir haben die Spielzeit noch im Team geplant. Andererseits zeigen zum Beispiel die Entscheidungen für drei neue Regieteams schon meine Handschrift. Tatjana Gürbaca hat etwa hier vorher nicht inszeniert und war mit "Cosi fan tutte" äußerst erfolgreich. Und sowohl die spanische Gruppe "La Fura dels Baus", die jetzt "Parsifal" macht, wie Benjamin Schad, der "Figaro" inszenierte, stehen für jenes Theater, das ich gut finde.

Wie sieht das aus?
Meyer: Sehr entschieden, lebendig, sinnlich, leidenschaftlich, mit einem Bezug zu heute, so dass man sieht: Die Oper lebt, sie geht uns an und ist keine antiquierte Kunstform.

Wie steht es bei der Qualität der Sänger?
Meyer: Auch da konnte ich eigene Entscheidungen treffen, sehe es aber auch als Erfolg, dass die schon verpflichteten Künstler mit großen Namen alle gekommen sind - trotz nicht immer idealer Bedingungen. Wir hatten etwa eine Weltklassebesetzung bei "Fidelio", darunter Franz-Josef Selig als Rocco, und letztlich hat sich auch da ein Weg gefunden, mit der Akustik des Musicaldomes zurechtzukommen.

Wie haben Sie Ihren Start als Intendantin empfunden?
Meyer: Die große Herausforderung bestand eher darin, dass ich als Operndirektorin von heute auf morgen in diese Position gesprungen bin und die Situation retten musste. Es war auch eine große Aufgabe, den Mitarbeitern hier das Gefühl zu geben: Es geht weiter, wir schaffen das. Was mir ganz wichtig ist: dass die Bürger dieser Stadt in ihre Oper gehen. Wobei die neue Spielstätte offenbar Schwellen senkt, denn wir haben den Verkauf von Schüler- und Studentenkarten um 2000 gesteigert. So ist, wie mir unser Einlasspersonal bestätigt, schon eine Verjüngung des Publikums zu beobachten.

Sie hatten bei Amtsantritt eine finanzielle Bestandsaufnahme angekündigt. Ist die abgeschlossen?
Meyer: Weitestgehend ja. Zumindest haben wir den Spielplan für die Saison 2013/14 jetzt unter Dach und Fach.

Sind da die Rückzahlungsverpflichtungen schon eingerechnet?
Meyer: Diese Rückzahlung ist auf fünf Jahre angelegt, da muss man einen Modus finden, wie das dann tatsächlich aussieht. Für mich war zunächst wichtig, für 2013/14 im gesteckten Rahmen zu bleiben, während mein Vorgänger ja von zwei Millionen Euro mehr ausgegangen war und noch für zwei Spielstätten geplant hatte, obwohl uns das Palladium ab Jahresende nicht mehr zur Verfügung steht. Wir bespielen dann 2014 fast ausschließlich die Oper am Dom.

Mit welchen Konsequenzen?
Meyer: Wir können statt bislang rund 117 Vorstellungen nur 90 anbieten, werden aber ein schönes Beiprogramm haben und wohl auch noch einmal die Trinitatiskirche bespielen. Eines meiner größten Anliegen ist die dringende Unterstützung für die Tanz-Gastspiele. Diese Lösung halte ich angesichts begrenzter Mittel für die beste Möglichkeit, diese Sparte hier zu präsentieren.

Wo sehen Sie Baustellen?
Meyer: Neben der Frage unserer Schuldentilgung steht für die Bühnen insgesamt die Entscheidung an, ob die Stadt die Tariferhöhungen langfristig übernimmt. Für all dies gibt es Termine mit der Politik und ein gutes Gesprächsklima. Wobei wir einige Hoffnungen auf die Ergebnisse der sehr gründlich vorbereiteten Organisationsuntersuchung setzen.

Inwiefern?
Meyer: Dann gibt es eine gemeinsame Basis für die Debatte darüber, wie die Bühnen ab 2015/16 ausgestattet sein sollten. Denn obwohl wir zunächst das Interim höchstwertig gestalten möchten: Eigentlich muss man jetzt schon die Wiedereröffnung planen und das Programm für unsere neue Spielstätte, die Kinderoper.

Wann muss sich die Stadt entscheiden, ob es ab 2015 mit Ihnen oder jemand anderem weitergeht?
Meyer: Je früher, desto besser. Gerade was die Wiedereröffnung des Opernhauses betrifft, gilt: Ein guter Vorlauf ist eine Grundvoraussetzung, um wirklich Außergewöhnliches zu realisieren.

Würden Sie gern weitermachen?
Meyer: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, ja. Ich habe meine Zwischenziele erreicht: Der Erfolg wurde fortgeführt, neues Publikum gewonnen. Und die Arbeitsplätze konnten erhalten werden. Insofern betrachte ich meine Tätigkeit weiterhin als eine spannende Herausforderung.

Zur Person
Birgit Meyer, Jahrgang 1960, ist gebürtige Kölnerin. Die promovierte Humanmedizinerin ist auch studierte Theaterwissenschaftlerin. Während der Sommer 1997 bis 2001 war sie für die Salzburger Festspiele tätig. Von der Spielzeit 2009/10 bis 2012 war sie Operndirektorin in Köln.

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