Geigerin Judith Stapf "Ich habe mich nie als Wunderkind gesehen"

Köln/Rheinbach · Beim Finale des "Eurovision Young Musicians" am Samstag in Köln tritt die Geigerin Judith Stapf aus Rheinbach für Deutschland an.

 Judith Stapf auf dem Roncalliplatz.

Judith Stapf auf dem Roncalliplatz.

Foto: WDR

Wenn der Vater Pianist ist und die Mutter Sängerin, dann kann es durchaus vorkommen, dass man bereits mit zweieinhalb Jahren in einem klassischen Konzert sitzt. Doch als der kleinen Judith dergleichen im November 1999 widerfährt, geht das nicht spurlos an ihr vorbei. "Direkt vor meiner Nase war eine Geige", erinnert sich die heute 16-Jährige, "da konnte ich gar nicht mehr wegschauen." Eine erste Liebe, die alles andere als ein Strohfeuer war.

In den nächsten sechs Monaten hörten die Eltern von ihrer Tochter tagtäglich immer wieder den gleichen Satz: "Ich will Geige!" Mit drei Jahren bekam die Kleine aus Rheinbach endlich ihren Willen - und den ersten Geigenunterricht. Bereits fünf Jahre später konzertierte sie im Rahmen eines Kinderkonzerts in der Alten Oper Frankfurt. Auch das erwies sich als Schlüsselerlebnis: "Vorher war ich ganz, ganz aufgeregt - aber sobald ich zum Anspielen in den Saal kam, war ich schlagartig ganz ruhig." Das ist bis heute so geblieben und wird Judith Stapf mit Sicherheit zugute kommen, wenn sie am Samstag, 31. Mai, beim Finale des "Eurovision Young Musicians", der klassischen Schwester des "Eurovision Song Contest", für Deutschland antritt.

Es findet erstmals in Köln statt, auf dem Roncalliplatz. Dabei sind 14 junge Klassik-Talente aus 14 Nationen im Alter von elf bis 19, die in acht verschiedenen Instrumentenklassen gegeneinander antreten. Wobei die Streichinstrumente besonders stark vertreten sind. Jeder darf, begleitet vom WDR Sinfonieorchester, fünf Minuten füllen. "Als ich erfahren habe, dass ich Deutschland vertreten darf, da bin ich vollkommen ausgerastet", sagt Judith Stapf, "ich hatte das Bild des WDR-Sinfonieorchesters vor Augen, mit diesen Musikern gemeinsam aufzutreten, ist mein allergrößter Traum."

Das Konzert wird, via Satellit, weltweit übertragen, erwartet werden rund 30 bis 40 teilnehmende Radiostationen. Der Sieger, dem ein gemeinsamer Auftritt mit den Wiener Philharmonikern winkt, wird von einer Fachjury ermittelt. Stapf, die als ihr großes Vorbild Pinchas Zukerman nennt, hat sich als Wettbewerbsbeitrag für den vierten Satz aus Dmitri Schostakowitschs erstem Violinkonzert entschieden: "Ein Stück, das ich ganz toll finde, weil es eine unheimlich große Besetzung im Orchester gibt, da wird unheimlich etwas los sein auf der Bühne."

Daran, dass man sie immer wieder als Wunderkind bezeichnet, hat sich die junge Rheinbacherin inzwischen gewöhnt: "Aber ich habe mich nie als Wunderkind gesehen. Ein Wunderkind, das ist jemand, der komplett anders als andere ist." Die 16-Jährige mag auch Jazz, trifft sich gerne mit ihren Freunden und hat gerade mit dem Joggen angefangen. Dass sie ausgerechnet am Tag des Finales 17 Jahre alt wird, ist ein Zufall, der sie freut: "Ich kann mir keinen schöneren Geburtstag vorstellen."

Das Finale des "Eurovision Young Musicians" auf dem Roncalliplatz wird am Samstag, 31. Mai, ab 20.05 Uhr live von WDR 3 inklusive eines Porträts von Judith Stapf übertragen. Der Eintritt für das Konzert ist frei. Mehr Infos: www.youngmusicians.tv

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