lit.Cologne in Köln Herbert Grönemeyer und Michael Lentz eröffnen Literatur-Großereignis

KÖLN · "Ein Text darf verdammt noch mal das Lied nicht kaputt machen!" Klare Ansage von Herbert Grönemeyer. Eine Kampfansage zum Auftakt des Lesefestivals lit.Cologne, das der Sänger zusammen mit Autor Michael Lentz gestern Abend im Gürzenich eröffnete?

 Im Kölner Gürzenich: Schriftsteller Michael Lentz (l.) im Gespräch mit Sänger Herbert Grönemeyer.

Im Kölner Gürzenich: Schriftsteller Michael Lentz (l.) im Gespräch mit Sänger Herbert Grönemeyer.

Foto: Brill

Mitnichten, denn als Lentz den Musiker den Text seines Liedes "Roter Mond" vorlesen ließ, verdeutlichte dies die lyrische Qualität, mit der Grönemeyer schreibt. Wobei er selbst fast bescheiden meint: "Ein Gedicht muss die Musik schon in sich tragen, meine Texte wirken, weil ich einen Teppich darunter lege."

Lentz hatte den Abend als eine Mischung aus äußerst munterem, geradezu fröhlichem Schlagabtausch zwischen zweien, die sich schon lange kennen, und einer Huldigung an eine Reihe verehrter Dichter konzipiert. Und so trugen die beiden immer wieder Arbeiten von Friederike Mayröcker, Jesse Thoor, Rolf Dieter Brinkmann, Helga M. Novak oder auch Mascha Kaléko vor. Melancholie sei wohl die Essenz, die Grönemeyer mit Kaléko verbinde, vermutet Lentz, was Grönemeyer bestätigt.

Er erzählt vom immer fröhlichen Vater und der aus Estland stammenden, eher gedämpften Mutter. Er sei wohl zwischen diesen beiden Polen angesiedelt. Aber: "Melancholie ist ein Zimmer, in das man hineingehen kann." Doch man müsse die Türe offen lassen, damit man wieder hinaus könne.

Nach der Vorgehensweise beim Texten befragt, erklärte der Songschreiber: "Eine Platte ist für mich wie ein Abendessen mit Freunden; man isst und redet und hofft, darunter schwingt Zuneigung mit. Und am Ende ist da hoffentlich das Gefühl, dass man willkommen war." Zuerst käme die Musik, dazu sänge er wochenlang einen Nonsenstext. So teste er, "ob die Musik stark genug ist". Erst dann entstünde der richtige Text, was er am Flügel anhand des Liedes "Neuer Tag" demonstriert. "Ich schreibe manchmal drei, vier Texte für ein Lied, so lange bis einer passt wie ein Anzug!" Die unpassenden Texte würde er auch nicht mehr verwenden.

Die besondere Sprache in seinen Liedern führt der 59-Jährige auf seine Kindheit im Ruhrgebiet zurück: Unter Tage haben sich Deutsche und Polen kurz und knapp verständigen müssen. "Da wird nicht viel gequasselt, und man mag auch Leute nicht, die viel reden." In den zehn Jahren, die er in Köln gelebt hat, habe er sich an das Gegenteil gewöhnen müssen, sei aber davon fasziniert gewesen.

Zur Gaudi des Publikums schreckte das Duo auch nicht vor kalauernden Einlagen zurück. So fragte Lentz zur Eröffnung, ob Grönemeyer sich vorstellen könne, in Köln Karnevalsprinz zu werden. "Optisch würde das ja ganz gut passen, aber wir Westfalen fangen ja immer erst an zu lachen, wenn der Karneval schon vorbei ist."

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