Kölner Philharmonie Gustavo Dudamel gibt ein umjubeltes Konzert

KÖLN · Dem venezolanischen Dirigenten Gustavo Dudamel ist gelungen, wovon viele seiner Berufsgenossen ein Leben lang träumen: die Herzen der Wiener Philharmoniker im Sturm zu erobern.

 Entspannte Konzentration: Gustavo Dudamel während der Probe in der Kölner Philharmonie.

Entspannte Konzentration: Gustavo Dudamel während der Probe in der Kölner Philharmonie.

Foto: Brill

Mittlerweile befinden sich die Partner in einer Art enger Dauerbeziehung. Wie sie einander verstehen, konnte man beim jüngsten Gastspiel der Wiener in der Kölner Philharmonie beobachten.

Aus ihrem aktuellen Tourneeprogramm, woraus sie auch in Shanghai und einigen Städten Japans spielen werden, hatten sich die Wiener für ihr Kölner Publikum einige Perlen herausgefischt. Der Abend begann mit Modest Mussorgskys sinfonischer Dichtung "Eine Nacht auf dem kahlen Berge".

Diese Musik hat Nikolaus Rimski-Korsakow nach dem Tod des Komponisten bearbeitet. Und in dieser Version war sie - leider - nun auch in Köln zu hören. Aber das war auch schon der einzige Wermutstropfen in diesem großartigen, vom Publikum im ausverkauften Saal heftig umjubelten Konzert.

Dass Mussorgskis urwüchsigere, rauere Originalversion im 21. Jahrhundert nicht mehr der helfenden und glättenden Hand Rimski-Korsakows bedarf, lässt sich zum Beispiel in einer Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern unter Claudio Abbado eindrucksvoll nachhören. Ihren brillanten Orchesterklang und ihre Virtuosität konnten die Wiener unter Dudamels Stabführung freilich auch in der gespielten Fassung eindrucksvoll zur Schau stellen.

Den 150. Geburtstag von Richard Strauss feierten die Wiener in Köln mit einer grandiosen Darbietung der Tondichtung "Also sprach Zarathustra". Der metallisch leuchtende Glanz des Sonnenaufgangs eröffnete einen Kapitelreigen, für dessen charakteristische Ausprägung Dudamel jeweils einen sehr überzeugenden Zugang fand.

Die dynamische und klangliche Steigerung des Streicherklangs bei den "Hinterweltlern" vom zarten, kammermusikalisch intonierten Beginn bis zum satten Glanz der Violinen steuerte Dudamel ebenso souverän wie die komplexen Stimmverläufe in dem Wissenschafts-Kapitel. Und spätestens als Rainer Küchl, seit mehr als vier Jahrzehnten Konzertmeister bei den Wienern, zum Solo des Tanzliedes anhob, erreichte Strauss' Musik auch tiefer liegende Gefühlsschichten des Hörers.

Man muss Dudamel für seine außerordentliche Schlagtechnik bewundern. Überlegene Präzision und Leidenschaft verschmelzen hier auf völlig natürliche Weise. In der achten Sinfonie von Antonin Dvorak wirkte er wie bei einem entspannten Spaziergang durch die Partitur.

Trotzdem blieb hier emotional nichts unterbelichtet. Nicht das Adagio, und schon gar nicht die schwerelos schwebende Melancholie des Scherzos. Nach dem feurigen Finale brach im Saal großer Jubel aus. Dudamel, der jeder der bei den Wienern mittlerweile recht zahlreich vertretenen Philharmonikerinnen eine Blume überreichte, reagierte auf den Applaus ganz wienerisch mit Josef Strauß' Polka "Ohne Sorgen", deren einkomponierte Lacher auch die Stimmbänder der Philharmoniker ordentlich forderte.

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