Alvin Ailey American Dance Theate Explosionen des Tanzes

Das erste, was man an diesem Tanzabend erblickt, ist eine Frau in Weiß. Ein mystisch engelhaftes Wesen, das klassische Schönheit und Eleganz ausstrahlt, bevor Ronald K. Browns Choreografie "Grace" richtig in Fahrt kommt.

 Geschmeidige Körper: Szene aus Ronald K. Browns Choreografie "Grace".

Geschmeidige Körper: Szene aus Ronald K. Browns Choreografie "Grace".

Foto: Paul Kolnik

Mit dem 15 Jahre alten Stück eröffnete das Alvin Ailey American Dance Theater seine Gastspielserie im Rahmen der Kölner Sommerfestivals in der Philharmonie. Nach dem mit ruhigen Bewegungen getanzten Solovorspiel, in demn sich die Tänzerin Jacqueline Green immer wieder von Duke Ellingtons "Come Sunday" zu lösen scheint, wirkt der folgende Teil wie eine nicht enden wollende Explosion zu stampfenden Disco-Rhythmen. Die in Rot und in Weiß gekleideten Tänzer bewegen ihre geschmeidigen Körper mit artistischer Virtuosität, wobei der besondere Reiz dieser Choreografie in der Balance aus solistischer Unabhängigkeit und präzise ausgeführten Ensemble-Bewegungen besteht.

Seit 2011 ist Robert Battle der Chef der legendären New Yorker Formation. Nach dem Gründer Alvin Ailey und Judith Jamison erst der dritte Leiter des 1958 gegründeten Ensembles. Dass er den über Jahrzehnte geformten Traditionen treu bleibt, scheint ebenso klar, wie der Wille zu vorsichtigen Erkundungen stilistisch und inhaltlich neuer Wege, wie sie in Rennie Harris' "Home" zu erleben sind.

Dass der Hip-Hop-Choreograf in seinem Stück das Leben mit Aids thematisiert, erscheint auch vor dem Hintergrund berührend, dass Ailey selbst 1989 an dieser Krankheit starb. Aber auch wenn in der Choreografie immer wieder in schmerzlichen Momenten Einsamkeit und Tod gegenwärtig werden, überwiegt doch die pure Lebenslust. Die Aileys tanzen in urbanen Straßenklamotten und -schuhen, nicht selten hat man den Eindruck, als wäre man Zaungast einer wilden, wenn auch präzise durchchoreografierten Party.

Die intensivste Erfahrung an diesem Abend bot allerdings das grandiose Solo "In/Side", das Robert Battle vor sechs Jahren schuf und das am Mittwoch in Köln von dem hünenhaften Kirven Douthit-Boyd getanzt wurde. Zu Nina Simones wunderbarer Ballade "Wild is the Wind" zeichnete er das Porträt eines Mannes, der ebenso kraftvoll wie verletzlich herüberkommt. Den muskulösen Körper bedeckt nur ein Slip. Der Mann wälzt sich am Boden, zeigt Drehungen und Sprünge von enormer Kraft und intensivem Ausdruck. Der Applaus nach dieser grandiosen Leistung war verdientermaßen riesig.

Den Abschluss des ersten Programms beim diesjährigen Gastspiel bildete Alvin Aileys über 50 Jahre alter Klassiker "Revelations", auf den weder Company noch Publikum gerne verzichten. Die bewegende Tanz-Suite zu Gospel- und Spiritual-Gesängen wirkt immer noch erstaunlich aktuell, auch wenn die politische Sprengkraft des Stücks sich mit der Zeit doch etwas abgenutzt hat. In den großartigen Ensembleszenen können die Tänzer nach wie vor ihre physischen und darstellerischen Qualitäten demonstrieren. Auch der Pas de Deux, den Demetia Hopkins und Yannick Lebrun zu "Fix Me Jesus" mit ruhiger Intensität zelebrierten, begeisterte. Nach dem mitreißenden Schluss-Ensemble "Rocka My Soul" ist die Zugabe Pflicht. Und die gewährte man den stehend applaudierenden Fans mit der Wiederholung des Finales gerne.

Weitere Aufführungen Programm A: 18. bis 20. Juli, Programm B: 22. bis 27. Juli. Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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