Kunst für fast alle Sinne Ernesto Neto verzaubert das Arp Museum Bahnhof Rolandseck

Zu Zeiten des alten Künstlerbahnhofs Rolandseck, als der Neubau des Arp Museums noch nicht existierte, suchten die Sonderausstellungen stets Korrespondenzen mit dem Werk des "Hausherrn" Hans Arp und seiner Frau Sophie Taeuber-Arp.

 In der Hängematte: Ernesto Neto macht es sich im Arp Museum bequem.

In der Hängematte: Ernesto Neto macht es sich im Arp Museum bequem.

Foto: Fischer

Und nun der Brasilianer Ernesto Neto - passt das zusammen? Auf den ersten Blick, möchte man meinen, liegen Welten zwischen Arps tiefgründigem ?uvre und den sinnlichen Raumlandschaften und textilen Gebilden des nachgeborenen Künstlers Neto.

Auf den zweiten jedoch zeigt sich, dass er sich hier durchaus heimisch fühlen kann. Sichtbare und gedankliche Verbindungen zwischen beiden sind die Vorliebe für organische und biomorphe Formen und das Interesse an Verwandlungsprozessen. Schon darum stellt der bereits international gefeierte Gastkünstler, der im Arp Museum seine deutsche Premiere erlebt, einige Werke seiner Ausstellung "Ernesto Neto. Haux Haux" den Skulpturen von Hans Arp gegenüber. Der fremdländische Titel ist der indianischen Sprache seiner Heimat entlehnt und bedeutet "Anfang, Ende, Harmonie". Und Indianer des Schamanenvolks Huni Kuin haben Neto mit ihren eigenen Bildern, gleichsam magischen Beschwörungen der Natur, nach Rolandseck begleitet.

Auch er selbst hält in seiner Kunst ein Plädoyer für die Natur, ihre Geheimnisse, die in uns sind, die uns umgeben. Und ebenso wichtig: Ernesto Neto bekennt sich an Ort und Stelle ausdrücklich zu Hans Arp; ja, er imitiere nur ihn, zitiert er eine kritische Stimme. Aber er setze eben da an, wo Arp aufgehört hat. Und folgerichtig hat er seine Corten-Stahlskulptur "In the Corner of Life" mitgebracht, gewiss eine Hommage an den Patron des Hauses.

Wunderbar spielt Ernesto Neto Gewicht und Schwerelosigkeit gegeneinander aus. Der harten Masse setzt er mit einer eingebundenen Hängematte einen textilen Kontrast entgegen. Auch sonst überführt er kompakte Strukturen in weiche, fließende Formen. Die wiederum prägen sein begehbares Raumobjekt "o.T." aus einer Vielzahl von biegsamen Werkstoffen. Von einer Höhle möchte man sprechen, wäre da nicht das sonnenfarbene Licht, das den Besucher empfängt. Und nicht nur dies. Er taucht ein in eine Fülle exotischer Aromen, die wie Stalaktiten in Säckchen von oben herabhängen. Musikinstrumente verheißen fremde Klänge, so dass sich die verschiedenen Stoffe zu einem Kunstwerk für - fast - alle Sinne fügen. Im labyrinthartigen Raumgefüge "Two Columns for One Bubble Light", ohne Schuhe zu betreten, erwartet den Besucher eine ganz andere Raumwirkung; in akustischer Leere und auf daunenweichem Grund geht die gewohnte Bodenhaftung verloren.

Reizvoll gestaltet sich dann wieder der direkte Dialog zwischen Arp und seinem Gast Neto, wenn er etwa die 1954 geschaffene bronzene "Pflanzenarchitektur" mit seiner "White Fantasy on Organic Level" von 2001 konfrontiert oder auf Arps Collage "In gutem Einvernehmen" mit dem Wandobjekt "The Jaguar's Shadows" antwortet. Und irgendwie nimmt er es auch mit Max Ernst auf, der derzeit im Arp Museum präsent ist, und reiht sich ein in das berühmte Rendez-vous der (surrealistischen) Freunde. Schließlich begleitet Ernesto Neto sein Publikum bis in den Aufzug, wo überraschend eine kaum zu messende Installation aus Plastiknetzen mit getrockneten Bohnen und Erbsen auftaucht.

Museum

Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Hans-Arp-Allee 1, 53424 Remagen, bis 25. Mai 2015; Di bis So 11 bis 18 Uhr;

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