Bob Dylan in Düsseldorf Ein Wolf mit sanfter Stimme

Düsseldorf · Etwas verloren wirkt Bob Dylan in dem für ihn doch etwas zu weit geschnittenen hellen Ausgehanzug eines Südstaaten-Dandys, zu dem er einen breitkrempigen Stetson, der ständig sein Gesicht beschattet, trägt. Doch der erste Eindruck täuscht wie so oft.

So breitbeinig wie die 74-jährige Ikone amerikanischer Musik auf der dezent illuminierten Bühne der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle steht, so breitbeinig geht er auch musikalisch ans Werk. Zunächst mit gewohnt rauer Nebelkrähenstimme, der er jedoch immer wieder kunstvolle Phrasierungen und feinste Nuancen abzuringen vermag, singt er "Things Have Changed".

Bei ihm klingt das aber nach mehr als nur lakonischer Betrachtung der eigenen Vergangenheit. Der Einsatz der elektrischen Gitarre Ende der 60-er Jahre war für den einstigen Folksänger nicht die erste musikalische Wende, viele stilistische Weiterentwicklungen sollten folgen. Nach zahlreichen Konzerten nach dem Prinzip "Welchen Song spielt denn Dylan gerade?" scheint nun vorerst Schluss mit der manchmal etwas nervigen Raterei um kaum verständliche Soundfragmente.

Doch auch der musikalische Anzug eines Frank Sinatra ist ihm im übertragenen Sinn keinesfalls zu weit. Auf seinem im Januar dieses Jahres veröffentlichten Album "Shadows in the Night" hat Bob Dylan Songs interpretiert, die einst von Frank Sinatra aufgenommen wurden, also mittlerweile unzweifelhaft auch zum Fundus des Great American Songbook gehören.

Und nun ist Dylan eben mal wieder ganz anders. Er singt so samtig sanft, als hätte er nicht nur kiloweise Kreide gefressen, sondern schmachtet in der Rolle des romantischen Crooners, als wäre er bis über beide Ohren verliebt. Allerdings bedient er sich eines stilistischen Tricks, denn anstelle des manchmal allzu süßen Geigenklangs der jeweiligen Originale von "What'll I Do", "Melancholy Mood", "I'm a Fool to Want You" oder "The Night We Called It a Day" übernimmt jetzt eine Pedal-Steel-Gitarre, die viele Songs mit dem sehnsüchtigen Klangschmelz von Countrymusik überzieht.

Zwischenzeitlich mutiert Dylan mit dem Klassiker "She Belongs to Me", "Pay in Blood" oder "Scarlet Town" dann doch wieder zum heiseren Wolf und zeigt seine rockigen Reißzähne. Ein markiges "Blowin' in the Wind" mit Dylan am Flügel beweist schließlich nochmals die interpretatorische Offenheit seiner Klassiker.

Als letzte Zugabe singt er "Love Sick", ein Song, der so gar nicht zur Atmosphäre des Abends passen will.

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