Käthe Kollwitz Museum Köln Ein Krieg, zwei Perspektiven

Nie wieder Krieg!" Dieser berühmte Schriftzug auf Käthe Kollwitz' friedensbewegter Lithographie von 1924 bekommt in diesen Monaten breitester institutioneller Beschäftigung mit dem Ersten Weltkrieg eine neue Bedeutung.

 Bilder vom Krieg

Bilder vom Krieg

Foto: Museum

Kaum ein Museum in Deutschland, das nicht an jene Urkatastrophe des Jahrhunderts erinnert hätte - nicht immer zwingend. Eine gewisse Kriegs-Ausstellungs-Müdigkeit macht sich breit. Und doch sollte man ganz wach durch die aktuelle Ausstellung des Kölner Käthe Kollwitz Museums gehen. Denn hier gelingt etwas Außergewöhnliches, nämlich zwei fundamental unterschiedliche Perspektiven in ihrer ganzen Komplexität zu präsentieren.

Da ist die der Männer. Sie zogen zum Teil begeistert und von einer Sehnsucht nach Katharsis getrieben in den Krieg - oder aus einer militärischen Prägung heraus als pflichtbewusste Patrioten. Und sie brachten - wenn sie nicht tragisch auf den Schlachtfeldern endeten - vom Krieg Erinnerungen mit, deren Skala vom Faszinosum in Stahlgewittern explodierender Granaten bis zum Trauma aus Blut, Schweiß und Tränen reichte.

Die andere Perspektive ist die der Frauen, personifiziert durch Käthe Kollwitz, die trotz aller Ängste und Befürchtungen ihren Sohn Peter unterstützte, als der in den Krieg ziehen wollte. Der 18-Jährige hatte sich freiwillig gemeldet: "Das Vaterland braucht meinen Jahrgang nicht, aber mich braucht es." Nach einer kurzen Ausbildung auf dem Truppenübungsplatz Wünsdorf zieht Kollwiz am 12. Oktober mit dem Infanterieregiment 207 Richtung Westen. Zehn Tage später, am 22. Oktober 1914, fällt er bei Diksmuiden in Flandern.

"Vielleicht seid Ihr schon im Feuer. Mein Lieber!", schreibt die Mutter an Peter, "trotzdem Dein Leben jetzt vielleicht stündlich gefährdet ist, trotzdem ich an die Strapazen denke, die Du sicher aushalten mußt, ist mir nicht so centnerschwer zumut wie früher." Die meisten Feldpostkarten "An den Kriegsfreiwilligen Peter Kollwitz" kommen mit dem Hinweis "Zurück, gefallen" ungelesen zurück. Sie liegen mit Fotos in einer Vitrine als Zeugen verzweifelten Wartens.

An der Wand hängen Käthe Kollwitz' zarte Porträts des Sohnes. Dann Bilder der Trauer, ausgelaugte, entseelte Physiognomien, Versuche, mit dem Verlust des Sohnes fertig zu werden. Eine lange Folge von Entwürfen mündet in die eindrucksvolle Figurengruppe der "Trauernden Eltern", die sich heute neben Peters Grab auf dem Soldatenfriedhof Vladslo in Flandern befindet. Eine von Joseph Beuys und Erwin Heerich 1954 geschaffene Kopie steht in der Ruine von Alt St. Alban in Köln.

Intime Trauer und Schmerz treffen in der Ausstellung "Apokalypsen - Daheim und an der Front" auf berstende Granaten und Schmerzensschreie: Ludwig Meidner hat die Katastrophe schon auf seinen Blättern von 1913 antizipiert, in seiner Mappe "Krieg" (1914) lässt er das Grauen dann karikaturhaft überspitzt in harten Helldunkel-Kontrasten auf den Betrachter wirken.

Erich Heckel zeichnete vergleichsweise idyllisch badende Soldaten und einen "Krüppel am Meer", sein Kollege Ernst Ludwig Kirchner ging dagegen in seinem dynamischen Holzschnitt "Artilleriereitplatz" eher metaphorisch mit dem Thema Kriegsangst um.

Der rheinische Expressionist Franz M. Jansen hielt brennende Städte und Massengräber fest, während die grandios-schauerliche Mappe "Der Krieg" des erfahrenen Frontkämpfers Otto Dix unübertroffen alle Aspekte der Vernichtung und des Schmerzes zeigt und sich Willy Jaeckel für seine hochvirtuosen, extrem drastischen Vergewaltigungs- und Sterbeszenen Anregungen bei Goyas "Desastres de la guerra" holte.

Die eindrucksvolle Schau endet mit der zugleich rückblickend bilanzierenden wie visionären Mappe "Gott mit uns" (1918) von George Grosz. Militärs erscheinen hier als "Zuhälter des Todes", die ihre ungebrochene Macht nun in der Weimarer Republik gegen Kommunisten und Sozialisten richten.

Käthe Kollwitz Museum, Köln; bis 11. Januar. Di-Fr 10-18, Sa, So 11-18 Uhr

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