Kölner Maler und Bildhauer Das Arp Museum feiert C. O. Paeffgen

BONN · Ein jämmerliches Pferdchen aus grobem Sackleinen mit Löchern, aus denen das Innenleben aus Stroh quillt: Was der Kölner Maler und Bildhauer C. O. Paeffgen in den späten 60er Jahren aus dem Rhein fischte, war wirklich erbarmungswürdig. Aber irgendwer muss das Stofftier einst geliebt haben, irgendwer warf es in den Fluss.

Wertlos? Für Paeffgen nicht: 1969 pinselte er mit groben Lettern ein "Sehr schön" auf den Stoff. Jetzt hängt das gerettete Pferdchen im Arp Museum Bahnhof Rolandseck in einer Ausstellung, die "Sehr schön" heißt und wirklich sehr schön ist. Und das nicht nur, weil etliche Stücke der Schau genau so heißen.

In enger Kooperation ist dem Künstler und der Kuratorin Jutta Mattern ein sehr repräsentativer und zugleich privater Überblick über ein komplexes, wucherndes, anstößiges Werk gelungen. Das Werk eines manischen Sammlers und Bastlers, eines Form-Poeten und Provokateurs.

"Jeder könnte das machen, was ich mache", ist ein berühmter Ausspruch des Künstlers, der am 21. Oktober dieses Jahres 80 wird und in Rolandseck seine erste umfassende Retrospektive bekommt. Aber nicht jeder wäre auf Paeffgens Ideen gekommen, auch wenn er sich, wie der Künstler, an Kollegen wie Robert Filliou, George Brecht, Joseph Beuys und Bazon Brock gerieben hätte. Seit den 1960er Jahren geht Paeffgen unbeirrt seinen Weg.

Etliche Ausstellungen haben ihn dabei begleitet: 1981 zeigte der Bonner Kunstverein seine "Umrandungen" und Objekte zum Thema Heiz und Pfeil, die farbigen Kästen waren 1993 in der Kestner-Gesellschaft Hannover zu sehen, die "Handarbeiten", wie Paeffgen seine "Umwicklungen" auch nennt, präsentierte das Kölner Museum Ludwig im Jahr 1999. Eine Zusammenschau fehlte bislang.

Der Künstler ist dafür nun mit der Kuratorin in sein Kölner Atelier gegangen, hat dort aus einem unerschöpflichen Fundus Dinge für seine Schau in Rolandseck zusammengesucht; Paeffgen hat die Ausstellung großteils auch selbst eingerichtet - eine Manifestation des eigenen Kosmos, phasenweise betont nachlässig, geradezu rotzig wirkend, aber immer mit dem Gefühl, dem skulpturalen Instinkt des Bildhauers, der weiß, wie er seine Stücke in Szene setzen muss.

Passend startet das Arp Museum mit Paeffgen sein Themenjahr "Künstler-Ich": Dieses Ego durchströmt Richard Meiers elegante, skulpturhafte Architektur nicht nur, es setzt einen wuchtigen Stempel darauf, konterkariert das feine Spiel der Wände und Wandöffnungen mit Müll, Fundstücken aus der Gosse, ärmlichen Materialien und respektloser Ironie.

"Sehr schön" spart nichts aus dem über fünf Jahrzehnte umspannenden Oeuvre aus, weder die erotische, bisweilen fast pornografische Komponente, noch die Breitseiten gegen die katholische Kirche, die dem Kölner offenbar ein Bedürfnis waren, oder herrlichen Anflüge spätdadaistischen Humors (womit er sich dem Patron des Hauses, Hans Arp, kongenial annähert).

Alle Werkphasen des Quergeistes, der 1968 die Juristerei an den Nagel hängte, sind im schwierig zu bespielenden Meierbau versammelt: die zu bunten Tableaus vereinigten und mit einer Farbmembran überzogenen Obstkisten, die witzigen Kistentheater; die mit Draht umwickelten und sich stelenartig auftürmenden Fundstücke; die stark vergrößerten, dick konturierten und malerisch nachbereiteten Pressefotos; die Monde und Herzen, Schleifchen und Sitzgelegenheiten; die stets aktiven Vaginas und Phalli, um die sich bei Paeffgen so vieles dreht. Auch Bleitränen und Fragezeichen sind dabei. Sehr schön.

Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Remagen; bis 1. September Di-So 11-18 Uhr. Katalog (Walther König) 28 Euro

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