Rolandsecker Winterzauber Bilder von Monet, Gauguin und van Gogh beim "Lichtgestöber" im Arp Museum

ROLANDSECK · So richtig Lust hat man auf dieses Thema nicht: Winter. Das weckt doch Erinnerungen an nasskalte, dunkle Tage. Wen interessiert so etwas? Die Impressionisten, zum Beispiel. Das ist die erste Überraschung bei einer Ausstellung im Arp Museum Bahnhof Rolandseck, die man ohne Übertreibung als sensationell einstufen kann.

Was mag die Impressionisten, ihre Vorläufer und Nachfahren, die allesamt gewöhnlich Badefreuden im schimmernden Meer, das Treiben in schattigen, sommerlichen Biergärten und eine üppig aufknospende Natur zelebrierten, an Minusgraden, Schnee und Sturm fasziniert haben?

Claude Monet ist 30 Jahre lang immer wieder mit der Staffelei in den Schnee gegangen, allein, um zu erforschen, wie sich das Weiß verändert. Alfred Sisley hat zeitlebens 50 Winterbilder gemalt, sein Kollege Camille Pissarro brachte es auf 100 Winterwerke. Erstmals in Deutschland dokumentiert das Arp Museum unter dem Titel "Lichtgestöber" diese bislang unterbewertete Gattung der Malerei.

Zu Unrecht, wie die 57 wunderbaren Werke in der Kunstkammer Rau zeigen, etwa Monets Dampflock aus dem Pariser Musée Marmottan, eine Sinfonie in Grau-Weiß aus Himmel, Dampf und Schnee in verschiedenen Zuständen; oder August Mackes "Bonner Marienkirche im Schnee" aus der Hamburger Kunsthalle, bei dem Häuser- und Schneeflächen akkurat organisiert erscheinen; oder Lovis Corinths als Winter-Drama aus Farbflecken in wunderbarer Stimmung inszenierte Walchensee-Ansicht aus dem Frankfurter Städel.

Die sechste Folge der Kunstkammer-Reihe der Unicef-Sammlung von Gustav Rau ist auch die beste. Das hat nicht nur damit zu tun, dass der Arzt und Sammler offensichtlich ein Faible für dieses Sujet hatte und mit Monets "Häusern im Schnee in Norwegen" (1885) nicht nur eines der asketischsten und bezauberndsten Bildern der Gattung erwarb.

Das Besondere der Schau ist, dass man gründlich recherchiert hat und Leihgaben aus internationalen Sammlungen nach Rolandseck holte. Direktor Oliver Kornhoff führt die Freigiebigkeit vieler Leihgeber zu Recht auf das gewachsene Renommee des Arp Museums zurück. Verschiedene Museen bescherten dem "Lichtgestöber" etwa eine ganze Reihe von Gemälden des deutschen Impressionisten Max Slevogt.

Aus dem Amsterdamer Van Gogh Museum kam ein "Verschneites Feld mit Egge" des Meisters (1890), ein Werk, das so wirkt, als habe jemand mit einem Farbfilter alles Warme herausgenommen. Verschiedene Blau- und zarte Grüntöne, ein fahles, krankes Gelb machen dieses Werk zum Ereignis. Faszinierend auch, wie van Goghs Freund Gauguin dem Winter in Paris begegnete: Irgendwie unentschlossen treffen weiße Flächen mit einem sommerlichen Kolorit zusammen.

Dabei waren die Pariser Winter in jenen Jahren bitter kalt, wie Meteorologen ermittelt haben und eine Schauwand an der Außenseite der Kunstkammer dokumentiert. Gustave Caillebotte hat diese strengen Winter mit Blick auf das Pariser Dächermeer wunderbar gemalt. Cournet zog es aufs Land, wo er Bilder malte, bei denen man das Knacken der dürren Äste unter den Schneemassen zu hören glaubt.

Fotografien von Albert Renger-Patzsch, ein Foto von Alfred Stieglitz, bei dem sich eine Kutsche durch den Schneematsch der Fifth Avenue kämpft, Pathos-geschwängerte Historienschinken aus dem Krieg und dramatische Fantasy-Gemälde komplettieren den Rolandsecker Winterzauber zu einem ereignisreichen Sehvergnügen.

Alle Phasen des Winters werden durchgespielt, Lichterscheinungen und Schneegestöber. Am Ende ist man fast traurig, dass draußen noch kein Schnee liegt.

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