Kölner Messe Art.Fair Alles ist möglich

Köln · Soll es denn der lebensgroße liegende Hund "Claudio" aus braunen Lederresten sein oder der barocke schwarze Pudel aus undefinierbarem Material? Es ist wohl keine Geschmacksfrage, denn beide Hunde von Serge Van de Put sind gruselig, eher eine Frage des Geldes: "Claudio" kostet 7000 Euro, für den Pudel muss man 6500 Euro auf dem Stand von "Die Kunstgalerie" hinblättern.

In der Experimentierbude: Das Berliner Kunst-Projekt Innerfields präsentiert sich im Rahmen des Blooom-Award auf der Messe.

In der Experimentierbude: Das Berliner Kunst-Projekt Innerfields präsentiert sich im Rahmen des Blooom-Award auf der Messe.

Foto: Meisenberg

Ob sich ihrer am Mittwoch bei der Vernissage der 13. Kölner Art.Fair jemand erbarmt hat? Bis Sonntag ist ja noch Zeit. Es gibt nichts, was es nicht gibt auf dieser Kunstmesse, die in den Deutzer Messehallen 1 und 2 den Spagat zwischen Kitsch und Kunst, etablierten Meistern und Strategen, die nach den bizarrsten Trends zielen, wagt, ein Motivspektrum zwischen Werwolf und Donald Duck anbietet. Wer Pop Art und Urban Art sucht, Großfotos und realistische Malerei schätzt, wird hier fündig.

104 Galerien aus 15 Ländern präsentieren die Arbeiten von 650 Künstlern in zwei überschaubaren Hallen. Das Ziel der Messemacher Walter Gehlen und Andreas Lohaus: "Ein angenehmer Tag für den Besucher, eine angenehme Zeit und das Gefühl, alles gesehen zu haben." Zumindest Punkt drei lässt sich realisieren.

Die Messe, die nach Jahren im Staatenhaus im vergangenen Jahr unter das Dach der Koelnmesse gewechselt ist und damit einen gewissen Seriositätsschub verzeichnete, ist gleichwohl noch immer ein unbezähmbares Kuriositätenkabinett. Was unbedingt auch seinen Charme hat, lässt man einmal die schlimmsten Ausreißer beiseite.

Es gibt jedoch wenige Galerien, die das Risiko einer homogenen, eher kontemplativen Auswahl eingehen, etwa Aloys Wilmsen, der Emil Schumacher, Otto Piene, Antoni Tàpies, Günther Uecker und Raimer Jochims zeigt. In der Regel setzen die Kunsthändler und Galeristen aber auf den bunten Gemischtwarenladen - groß, laut, schrill. Zum Beispiel Terminus aus München: Piene wäre bestimmt geschmeichelt gewesen, mit Robert Rauschenberg (sein Bild bewegt sich im siebenstelligen Bereich) gezeigt zu werden, aber mit den billigen Pin-Ups von Mel Ramos und Science-Fiction-Malerei eher nicht.

Wer sich seine Augen nicht vollends mit aufgeblähten Comics und austauschbaren Riesenporträts, mit bunten Kristallungetümen, schlüpfrigen Bildern junger Mädchen oder dem fünften misslungenen Andy-Warhol-Aufguss verdorben hat, entdeckt allerlei. Zum Beispiel ein herrliches giftig-gelbes Schüttbild von Sigmar Polke für 320.000 Euro bei der Kunsthandlung Osper, die auch noch eine ganz aktuelle "Arkadische Landschaft" von Markus Lüpertz, dem partout nichts Neues mehr einfallen will, im Programm hat (49.000 Euro), ferner eine kleine Stahlskulptur von Tony Cragg (165.000 Euro). Eine Hommage an den Maler Alex Katz hat sich die Eikelmann-Galerie einfallen lassen: Sie präsentiert Bilder des Altmeisters mit Paraphrasen von Heiner Meyer - auf bordeauxrotem Flauschteppich.

Für Einsteiger hat die feine Two-Women-Show von "Die Kunstagentin" aus Köln einiges zu bieten: Malerei von Julia Benz und interessante Schrottskulpturen der 30-jährigen Louisa Gibson, Finalistin des letztjährigen Blooom-Awards auf der Art.Fair. Für Messechef Gehlen ist dieser Schritt einer Künstlerin aus dem schrillen interdisziplinären Kunstlabor Blooom in eine Galerie ein Stück Bestätigung. Es lohnt sich unbedingt, in der wilden Blooom-Zone auf Talentschau zu gehen. Junges Publikum, junge Kunst und junge Sammler haben die Macher der Messe besonders im Auge - bei Blooom und bei etlichen Ausstellern in Halle 1 geht das Konzept auf.

Ein weiteres Format, "15 Minutes of Fame", hat sich 2014 bewährt und bietet dem Messebesucher nun in erweiterter Form wertvolle Informationen über Kunstausstellungen im Rheinland von Krefeld bis Bonn. Von den 15 Minuten Ruhm profitieren etwa Yilmaz Dziewior vom Kölner Museum Ludwig, Susanne Kleine von der Bundeskunsthalle oder Stephan Berg vom Kunstmuseum Bonn: Drei von elf, die aktuelle Projekte während der Art.Fair präsentieren. Neu ist der Blick in freie Kunsträume der Stadt Köln, von denen es laut Gehlen rund 40 gibt: Ein Dutzend Arbeiten sind unter dem schönen Titel "Geradeaus und hinten durch, dann links!" auf der Messe zu sehen.

Art.Fair, Messe Köln, Hallen 1&2; bis 27. September. Do 14-22, Fr-Sa 19-20, So 11-19 Uhr. Tageskarte 16 Euro

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