Palladium Köln "Alle haben 'nen Job - ich habe Langeweile!"

KÖLN · Der deutsche Rapper Marteria bringt mit seinen Texten gute Laune ins ausverkaufte Palladium.

 Er war U-17-Fußballnationalspieler und Model, jetzt rappt er: Marteria in Köln.

Er war U-17-Fußballnationalspieler und Model, jetzt rappt er: Marteria in Köln.

Foto: Brill

Metallische Schläge der Drums, ein säuselnder Chor, ein wummernder Bass, eine aufzitternde Gitarre - Spannung, die sich wie ein Sturm entlädt, als Marteria die Bühne betritt. Das Konzert hält, was der Beginn verspricht. Für fast zwei Stunden gibt es einen abwechslungsreichen, intensiven, überraschenden HipHop ohne Macho-Attitüde, treibend und begeisternd.

Der Schwung, die Ausgelassenheit, die Freude von Seeed trifft auf die Nachdenklichkeit und Bildmächtigkeit eines Peter Fox. Ein glasklarer Sound füllt jeden Winkel der Halle. "Meine Musik soll nachhaltig sein", hat Marten Laciny aka Marteria betont. Ein Album soll über die ganze Länge überzeugen können.

Ein vollmundiger Anspruch. Die ersten zehn Stücke des Abends stammen von seinem aktuellen Nummer Eins Album "Zum Glück in die Zukunft II". Ohne Durchhänger stürmen sie nach vorne, sind berührend, schmerzlich, doppelbödig, ehrlich aber nie sentimental und hohl. Wer wissen will, was heute im "Block" abgeht, sollte nicht Sido sondern Marteria zuhören.

"Alle haben 'nen Job - ich habe Langeweile! Keiner hat mehr Bock auf Kiffen, Saufen, Feiern. So ist das hier im Block, Tag ein Tag aus." Augenzwinkernde Zustandsbeschreibung aus der Nicht-Gangsta-Perspektive von jemandem, der zwar wie Sido in einer Plattenhaussiedlung gelebt, aber als junger U-17-Fußballnationalspieler und Model für Boss und Diesel die Welt gesehen hat. Weltläufiger HipHop, der das Gesehene in poetische Worte zu fassen vermag.

Einer der Höhepunkte des Abends ist "Bengalische Tiger". Wer bei dem mit Gewalt aufgeladenen Stück an Fußballstadien denkt, liegt verkehrt. Es geht um Rebellion gegen Unterdrückung, die Marteria hautnah in Uganda erlebt hat.

Szenenwechel - Miss Platnum hat die Bühne für sich. Klein, drall, selbstbewusst wiegt sie ihren Körper: "Ich habe 99 Probleme, aber keine mit meinem Mann." Das nimmt man ihr ab. Ihre Stimme, ihre Selbstverständlichkeit überzeugen. Dann erscheint Marten Laciny mit gepitschter Stimme, im Glitzeranzug und mit Maske als sein Alter-Ego Marsimoto. In Nebel gehüllt rast er wie ein Teufel über die Bühne. Eine Überraschung. Am Ende bittet Marteria, wieder die Feuerzeuge auszupacken und die Handys in der Hose zu halten. Ganz altmodisch wird mit "Welt der Wunder", der "Sechser im Lotto" gefeiert - das Leben. Am 9. April gibt's eine Wiederholung im Palladium - der "geilste Laden in Köln", wie Marten meint.

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