Vorreiter in der Region Unkel setzt seit gut einem Jahr Leerstandslotsen ein

UNKEL · Als Unkel noch Rotwein-Stadt war und sich vor Touristen nicht retten konnte, da war Daniel Schmitz noch gar nicht geboren. Heute, einen Strukturwandel später, ist Unkel Kulturstadt, Schmitz 35 Jahre alt und Leerstandslotse.

 Die Unkeler Leerstandslotsen Daniel Schmitz und Gerd Schumacher wollen wieder Leben in ungenutzte Geschäfte bringen.

Die Unkeler Leerstandslotsen Daniel Schmitz und Gerd Schumacher wollen wieder Leben in ungenutzte Geschäfte bringen.

Foto: Frank Homann

Er will zusammen mit Gerd Schumacher die Innenstadt beleben, will leerstehende Läden vermitteln und Mieter finden und am liebsten die schon langwährende Abwärtsspirale stoppen: weniger Touristen, weniger Geschäfte, unattraktivere Innenstadt, noch weniger Touristen, noch weniger Geschäfte - und so weiter. "Was mehr als 30 Jahre bergab ging, kann auch 30 Jahre dauern, bis es wieder bergauf geht", stellten sich beide auf eine lange Aufgabe ein.

Als Unkel Anfang 2012 anfing, neue Wege zu beschreiten, war die Stadt Vorreiter in der Region. Überall redeten sie von der Idee der Leerstandslotsen, die von der Entwicklungsagentur im Landkreis Neuwied gestaltet wurde. Doch vielerorts verschwand sie wieder in der Schublade.

Bis neulich: Da übergab der Kreis nach einem zweitägigen Pilotlehrgang sechs Ortsgemeinden das Zertifikat zum Leerstandslotsen. Unkel, der Vorreiter, war nicht dabei. "Wir wollen diese ehrenamtliche Tätigkeit nicht offiziell ausüben. Es bliebe wohl ein fader Beigeschmack", erklärt Schmitz. Er selbst ist Architekt, sein Mitstreiter Gerd Schumacher ist Immobilienmakler.

Wer wissen will, wie die Idee in der Praxis funktioniert, sollte dennoch bei den beiden nachfragen. Niemand in der Region verfügt über mehr Erfahrungen, und so ist ihr Fazit als vielversprechender Wegweiser für die nun zertifizierten Gemeinden zu bewerten: "Durchweg positiv".

Zehn Leerstände zählen die Beiden für die Unkeler Innenstadt auf. Sie beraten die Eigentümer, rechnen ihnen vor, was sie investieren müssen und welche Miete sie erwarten dürfen, und knüpfen Kontakte mit Interessenten, bilden Netzwerke und führen sie mit den Eigentümern, die ihr Geschäft meist altersbedingt aufgaben, zusammen.

Und manchmal müssen sie auch Überzeugungsarbeit leisten: "Manche Eigentümer haben leider nichts mehr in ihr Ladenlokal investiert. Das rächt sich irgendwann", sagt Schmitz. Ein Beispiel: Ein altes Hotel in bester Lage kann nach Ansicht der Leerstandslotsen nur noch abgerissen werden. Die Investition in Höhe einer siebenstelligen Summe lässt die wirtschaftliche Lage des Eigentümers aber nicht zu. Ein schwieriger Fall für die Leerstandslotsen.

Manchmal sind es auch nur kleine Makel, die einer zügigen Vermietung im Wege stehen: Die Lärm- und Brandschutzdecke in dem einen, eine energetische Sanierung in dem anderen Ladenlokal oder eine bessere Beleuchtung. "Viele Häuser entsprechen heute nicht mehr unseren veränderten Wohnbedürfnissen", sagt Achim Hallerbach, Erster Kreisabgeordneter: "Angesichts einer rückläufigen Bevölkerungszahl wird es immer schwieriger, neue Nutzer für ältere Häuser zu finden."

Die Hemmschwelle zu den Leerstandslotsen, die Eigentümer und Mietsuchende zusammen bringen, soll deshalb auch so gering wie möglich sein, also kostenlos. Bei der Vermietung an sich läge es am Ende oft nicht am Willen, sondern am Preis, sagt Schumacher. Trotzdem setzen die Leerstandslotsen nicht auf eine rasche Belebung, sondern eine nachhaltige.

"Wir wollen nicht fünf Nagelstudios in der Innenstadt", sagt Schmitz, den wie Schumacher und 20 weitere Mitstreiter der Aktion Kulturstadt Unkel die Antwort auf die Frage antreibt: Wie soll Unkel in 20 Jahren aussehen? Sollte Daniel Schmitz Recht haben, kann diese Antwort noch 30 Jahre auf sich warten lassen.

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