Vortrag von Rudolf Vollmer über kuriose Gerichtsfälle Die Truthahnaffäre von Rheinbreitbach

Rheinbreitbach · Der langjährige Unkeler Archivar Rudolf Vollmer berichtet über kuriose Gerichtsfälle aus den vergangenen 300 Jahren. Mit dabei ist auch die "Truthahnaffäre" aus dem Jahr 1775.

 Der ehemalige Archivar Rudolf Vollmer berichtet von Gerichtsfällen aus den vergangenen 300 Jahren.

Der ehemalige Archivar Rudolf Vollmer berichtet von Gerichtsfällen aus den vergangenen 300 Jahren.

Foto: Frank Homann

Im Paragrafenwald und im Beamtendeutsch der Gerichtsakten kann man sich schnell verlieren. Besonders wenn es um einen langen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten geht. Rudolf Vollmer hat sich dennoch reingetraut und ist den Protokollen von Gerichtsfällen aus den vergangenen 300 Jahren in Rheinbreitbach und Unkel auf den Grund gegangen. Was er da alles an Kuriosem und Interessantem entdeckt hat, stellt der langjährige Unkeler Stadtarchivar am Mittwoch, 15. Februar, bei einem Vortrag des Heimatvereins Rheinbreitbach vor.

„Sehr, sehr viele“ Protokolle seien es gewesen, die er durchgeguckt habe, sagt er. „Ich habe Jahre gebraucht.“ Während seiner 25 Jahre als Stadtarchivar von 1984 an hat sich der 77-Jährige die Berichte durchgelesen. „Die Interessantesten habe ich herausgesucht.“ Ein Fall ist ihm besonders in Erinnerung geblieben, erzählt er: die „Truthahnaffäre“ aus dem Jahr 1775. „Zwei Jugendliche hatten dem Chef von Rheinbreitbach den Truthahn aus seinem Haus gestohlen.“

Auch wenn der Verdacht schnell auf eine Familie im Ort fiel, konnte zunächst nichts nachgewiesen werden. Der zweite Junge, nicht zur verdächtigen Familie gehörend, meldete sich schließlich und trat sogar als Kronzeuge auf. Die Strafe für die jungen Leute: Stockschläge auf den Hintern sowie eine Ermahnung. Die Tat war „eine Unverschämtheit“ in dieser Zeit, so Vollmer.

Ein anderer Fall aus vergangener Zeit dreht sich um den Kartoffelkäfer – an dessen Ende sogar die Eltern eines Mädchens vorgeladen wurden, ein weiterer handelt vom Überfall mehrerer „Rabauken“, verrät der 77-Jährige im Hinblick auf sein Programm.

Ungewöhnlich für heutige Verhältnisse waren auch die Umstände, wie über Straftaten vor mehr als 200 Jahren geurteilt wurde. Fälle wie die „Truthahnaffäre“ wurden vom Unkeler Gericht verhandelt – und das nicht unbedingt von Richtern. Unkel gehörte ebenso wie Rheinbreitbach bis 1803 zu Köln. „Angesehene Bürger“, wie Vollmer sie nennt – zwei aus Unkel, zwei aus Rheinbreitbach und einer aus Scheuren – bildeten demnach das Gericht. Die Anzahl der richtenden Personen richtete sich nach der Größe des Ortes. Nachdem diese ein Urteil gefällt hatten, wurden die Protokolle zur Kontrolle nach Köln gebracht, und das Strafmaß dort bestätigt. Häufig wurde eine Geldstrafe verhängt, blickt der langjährige Archivar auf die Zeit zurück.

Sei er bei seiner Recherche auf interessante Fälle gestoßen, habe er sich Notizen gemacht, die Protokolle ausgearbeitet und teilweise auch gekürzt, erklärt Vollmer sein Vorgehen. Und auch die Sprache habe er teilweise an die heutige Zeit angepasst. Einige Begriffe habe er trotzdem noch drin gelassen, diese würden während des Vortrags natürlich erklärt, sagt der Unkeler. Neben den Fällen bringt der Autor an dem Abend auch einige Kopien von Protokollen mit.

Ein Bild davon, „wie schwierig es ist, die zu entziffern“, können sich Zuhörer am Mittwoch, 15. Februar, im Burghotel Ad Sion an der Schulstraße in Rheinbreitbach machen. Der Vortrag zum Thema „Aus alten Rheinbreitbacher Gerichtsakten“ beginnt um 19 Uhr, Einlass ist ab 18.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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