Vom Wachsen und Werden

SINZIG · Sinziger Turmgespräch im Schloss widmet sich dem Maler Franz Steinborn

 Michael, Irene und Werner Steinborn (von links) mit Karl-Friedrich Amendt bei den Sinziger Turmgesprächen.

Michael, Irene und Werner Steinborn (von links) mit Karl-Friedrich Amendt bei den Sinziger Turmgesprächen.

Foto: Martin Gausmann

Der beliebte Lehrer und Maler Franz Steinborn ist in Sinzig auch mehr als 50 Jahre nach seinem Tod 1961 unvergessen. Das zeigte ein komplett gefüllter Kultursaal beim "Turmgespräch im Schloss" des Vereins zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums. Mit einem Füllhorn von Bildern beglückte der in Leverkusen lebende Sohn Werner Steinborn, dem das Museum eine großzügige Schenkung von Zeichnungen und Infomaterialien verdankt. Da er die Arbeiten des Vaters seinerzeit akribisch fotografiert und Presseartikel archiviert hatte, konnte er im Schloss aus dem Vollen schöpfen. Sein Sohn Michael aus Köln assistierte als Kommentator der "Welturaufführung".

Schon der 15-jährige Franz Steinborn stellte im Bad Neuenahrer Möbelgeschäft seines Vaters ein Ölgemälde, die Kopie einer Waldlandschaft, aus. Aber zur eigentlichen Domäne des autodidaktischen Malers, der auch hervorragend zu zeichnen verstand, wurde das Aquarell. Motive boten neben Sinzig und den Nachbarorten die abwechslungsreiche Ahr- und Eifellandschaft, wie eine wahre Bilderflut illustrierte. Immer wieder variierte Ansichten des Flusses, oft mit der Landskrone im Hintergrund, verzauberten das Malerherz zu allen Jahreszeiten. Der Funke springt auf den Betrachter über, denn Steinborn blieb nicht am Äußeren haften. Sein Verständnis vom Wachsen und Werden der teils lieblichen, teils herben Landschaft floss mit ein, wenn er die einfachen Fachwerkhäuser, die Gehöfte und Kirchlein festhielt, Nebel, der über die Hochebene kriecht, Ginstergold, die Maare, eine Waldlichtung in diffusen Tönen, erstes Gelb-Grün der Wiesen, einen einsamen Bildstock oder die Nürburg in wechselnder Wetterlage.

Mit Pinsel, Palette und seinem Moped, so erinnert sich Tochter Irene Steinborn, eroberte der ungemein produktive Maler das gesamte Ahrtal, bannte etwa eine lauschige Blankenheimer Ecke, Treppen und Sonnenblumen in Reimerzhoven, Walporzheim im Schnee. Pflanzen fing er ebenso gerne ein, ließ auf dem Papier Fingerhut, Rittersporn, Zinnien und Gladiolen noch einmal erblühen. Vielseitig engagiert, war er Mitglied der Are-Gilde und zweiter Dirigent im MGV Cäcilia. Er entwarf Wagen für den Karneval, für die Dahlienzüge in Bad Neuenahr und schuf auch das Stadtmodell im Museum.

"Als trauriges Kapitel für ihn und seine Familie" bezeichnete Werner Steinborn die Lagerzeit des Vaters von 1945 bis 1947 und erklärte: "Neid und Missgunst waren die Basis für seine Inhaftierung." Danach nahm er seinen Dienst an der Sinziger Volksschule wieder auf und machte seine Kreativität vielseitig nutzbar. Als er starb, stand noch ein unvollendetes Ölgemälde vom Sinziger Markt auf der Staffelei. 1991 würdigte eine Gedächtnisausstellung den Maler in Sinzig. Wegen der Internierung lehnte es der Stadtrat später ab, eine Straße nach ihm zu benennen, ein Unrecht, so Werner Steinborn, da der Vater damals vom Bürgermeister genötigt wurde in die NSDAP einzutreten. Zuletzt mischten sich also sehr ernste Töne in das durchweg malerisch gefärbte Turmgespräch. Das Publikum spendete großen Beifall und der Vorsitzende Karl-Friedrich Amendt dankte Werner und Michael Steinborn für die anregende Darstellung.

Beim nächsten Turmgespräch am 19. Februar, 19 Uhr, spricht Amendt in seinem Vortag über "Rheinische Wegkreuze - Teil 2" über Ausführungen, Material, Symbole.

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