Sinziger Bücherherbst Leseratten stöbern auf dem Kirchplatz

SINZIG · Das Datum ist bewusst gewählt. Vor den Wintermonaten mit ihren langen Abenden steht die Frankfurter Büchermesse und davor der Sinziger Bücherherbst. Bei bestem Flanierwetter hatte sich auch bei der 15. Auflage der Kirchplatz in ein Labyrinth aus Ständen verwandelt.

"Krimis und Kinderbücher gehen immer." Auch klassische Märchen und Sagen bis hin zu Homers "Odyssee" kämen gemeinhin an, wusste Peter Förster.

Kunst- und Bildbände, Wissenschaftliches, Enzyklopädisches und Lexikalisches seien hingegen "out". Und in Sinzig sei in den vergangenen Jahren ein zunehmender Trend zu Taschenbüchern auszumachen, wohl nicht zuletzt als Schmöker für die anstehenden Herbstferien, mutmaßte der Antiquar aus Wachtberg.

Er war einer von nur zwei nicht-privaten Anbietern und hatte nicht nur den mit Abstand größten Stand, sondern ist zudem seit dem ersten Bücherherbst dabei gewesen: "Eine tolle Einrichtung", die auch in Bonn und der Umgegend als Markt für jedermann ihresgleichen suche. Aber der Bücherherbst sei immer noch zu wenig bekannt. Noch mehr Kundschaft hätte er sich angesichts des Bilderbuchwetters auch gewünscht.

Fünf Rheinlandkrimis hatten an diesem Morgen als erstes die Besitzer an seinem Stand gewechselt, gefolgt von Märchenbüchern, einem Hemingway-Werk und einer Ausgabe von Thomas Manns "Zauberberg". Sonst seien immer ihre Second-Hand-Gartenmagazine gut gegangen, "aber diesmal komischerweise gar nicht", konstatierte Andrea Ahrendt aus Bad Neuenahr-Ahrweiler, die mit ihrer Tochter an einem der kleineren Stände anbot, was zu Hause die Regale nicht mehr fassten oder ausgedient hatte.

Sommerromane und Strandlektüre fanden diesmal mehr Abnehmer, stellte sie bei ihrer "etwa sechsten Teilnahme beim Bücherherbst" fest. Gefeilscht werde dabei manchmal auch, "aber nicht unangenehm, wie es bei anderen Flohmärkten manchmal der Fall ist." Zur entspannten Atmosphäre trug wohl auch die Marktleitung von Initiator und Organisator Benno Schneider bei: Jeder kann seinen Stand aufbauen, wo er mag, und es kostet auch für jeden Anbieter nur einen kleinen Obolus, egal wie groß sein Stand ist. Auch Schulen respektive deren Fördervereine, Vereine wie das Frauenhaus und Organisationen wie Amnesty International boten Lesestoff an. Insgesamt 82 Anbieter waren gemeldet.

Gut besuchten waren die Lesungen im Rathaus-Foyer: Sieben Sinziger Autoren kamen zu Wort. Die 21-jähige Hannah Schumacher machte den Auftakt mit Fragmenten aus ihrem noch nicht erschienen ersten Entwicklungsroman, der vor dem Hintergrund des Nordirland-Konflikts spielt. Chrysta Schyboll gab mit ihrem jüngsten Werk Einblicke in die Welt eines Jungen mit multipler Persönlichkeitsstörung.

Auch an der Gitarre begleitete Michael Gottschalk sich selbst zu vertonter Lyrik, und humorige Tipps für Väter in den besten Jahren hielt Rolf Eversheim parat. So unkonventionell wie es ihr Buch mit mehr oder weniger absurden Geschäftsideen erahnen lässt, gestalteten Gerd Höschen, Volker Risse und Katharina Thölken ihre "Lesung": Nämlich so verrückt und inspirativ wie ihre wöchentlichen Treffen zu dritt.

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