Geheimnisvolle Zeugen Karl-Friedrich Amendt über die Bedeutung der Wegkreuze

SINZIG · Was steckt hinter Wegkreuzen? Wer gab sie in Auftrag und warum? Beim jüngsten "Turmgespräch im Schloss" sprach Karl-Friedrich Amendt über "Rheinische Wegkreuze - geheimnisvolle Zeugen mittelalterlichen Denkens".

 Karl-Friedrich Amendt fesselte mit seinen spannenden Ausführungen zu den rheinischen Wegkreuzen.

Karl-Friedrich Amendt fesselte mit seinen spannenden Ausführungen zu den rheinischen Wegkreuzen.

Foto: Ginzler

Der Autor des gleichnamigen Buches und Vorsitzende des einladenden Vereins zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums in Sinzig legte im Kultursaal dar, wie vielfältig die Stiftungsanlässe waren.

Schöpflöffel, Bildstock und Heiligenhäuschen - schon die Bezeichnungen variieren je nach Landschaft. Dies nicht vertiefend, ging Amendt gleich auf die Zweckbestimmung ein, merkte aber vorher an, dass nicht die Kirche, sondern Privatpersonen die Kleindenkmäler initiierten. Sie trieb ein starkes Bedürfnis: "Ein Kreuz zu errichten muss wegen der hohen Kosten ein echtes Opfer gewesen sein". Ein sichtbares Gedenken sollte den durch Unfall, Blitz oder Mord zu Tode Gekommenen bewahrt werden, damit Gläubige für die arme Seele beteten und diese rasch vom Fegefeuer in den Himmel kam. So erinnert ein Gedenkkreuz in Mehlem an den 1688 ermordeten französischen Kommandanten de Brezé. Votivkreuze drücken dagegen Dank für erhaltene Hilfe in lebensbedrohlichen Situationen aus. Oft sind sie der heiligen Maria gewidmet, wie der Mosaikbildstock im Sinziger Stadtteil Franken.

Zur Sprache kam auch das Erpeler "Glockenkreuz", ein Sühnekreuz zur Vergeltung für unbeabsichtigt Getötete. Der Sage nach erschlug ein Glockenmeister seinen Gesellen, der sich angemaßt hatte, einen Glockenguss selbst auszuführen. Es gibt zudem Kreuze als Station eines Kreuzweges oder des Totengebets "Sieben Fußfälle", solche in Zweitverwendung als Friedhofskreuz oder als Gedenken für frühere Kirchen und Kapellen, so am Alten Markt in Bad Neuenahr. Franzosen-, Schweden- und Russenkreuze stehen für jene, die durch Soldaten getötet wurden. Gerichtskreuze markierten Gerichtsorte, Grenzkreuze die Grenze, etwa auf der Wasserscheide zwischen Franken und Königsfeld. Marktkreuze erinnerten ans rechte Maßnehmen, das in Sinzig die Sinziger Elle erleichterte, die in die Kirchenfassade eingefügt ist. Die Wegzeichen konnten multifunktional zusätzlich der Orientierung als Pilgerkreuze dienen. Amendt erklärt sich so die Aufstellungsorte von Kreuzen, die seine Verwandten stifteten, da sie in Königswinter, Rüngsdorf und Schweinheim entlang der Route einer Pestprozession stehen.

Von diesen religiös motivierten Wegkreuzen wollte der Referent die Pestkreuze und Wetterkreuze unterschieden wissen. Sie stammen zwar nicht aus dem Mittelalter, sondern aus der Neuzeit und später, seien aber noch von vorchristlichen magischen Vorstellungen mitgeprägt.

Das Kreuzzeichen zur Schadensabwehr: Gerade die bei Flurprozessionen aufgesuchten und vor Dörfern und Städten stehenden Kreuze sollten durch Geister und Dämonen hervorgerufene Übel bannen.

Matthias Röcke vom Denkmalverein dankte dem Referenten für seine mit Spannung verfolgten Ausführungen. Symbole und Inschriften der Kreuze erläutert Karl-Friedrich Amendt am 6. November, 18 Uhr, im Rathaus in Niederzissen. Für den 6. Dezember lädt der Denkmalverein zum Werkstattbesuch der historischen Brohltalbahn ein.

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